23.3.2017 - Endlich losgekommen! Und dann noch Delfine!

03:30 Uhr: Ich wache auf, springe an Deck und checke das Echolot. Dieses misst 1,2 Meter - das sind vermutlich so an die 10 cm unter dem unter dem Kiel! Das ist mir noch zu unsicher! Da ich ohnehin nicht mehr schlafen kann, die Anspannung ist einfach zu groß, mache ich mir Kaffee und esse Nutellabrote! Sonst frühstücke ich ja nicht, so kurz nach dem Aufstehen, aber heute brauche ich auf jeden Fall Energie! Heute MUSS es passieren! Tina und ich wären ja schon gestern bereit gewesen, doch die blöde Tide hat uns einen weiteren Tag Verzögerung eingebracht!

Um 04:30 Uhr springt das Echolot von 1,2 auf 1,3 Meter um! Jetzt oder nie! Das angesagte Hochwasser sollte relativ milde ausfallen. Womöglich wird's gar nicht mehr mehr?! Jetzt oder nie! Ich mache Tina startklar, und will das Ablegemanöver genauso anlegen, wie das gestrige. Jetzt steht das Wasser deutlich höher als gestern Vormittag, bei meinem gescheiterten Ablegeversuch! Nun müsste es gehen! Tut es auch! Nachdem ich mir im ersten Anlauf die steuerbord Muring des Liegeplatznachbarn "einfahre"... ich wollte möglichst eng an diesem vorbei, raus aus meinem Liegeplatz. Die Untiefe, die uns gestern für 5,5 Stunden gefangen hielt, unbedingt vermeiden! Die mitgenommen Muring wurde ich aber schnell wieder los. Pinne hart steuerbord! Kurzer Schub vorwärts und schon löst sich die Muringleine von Tinas Ruderblatt und sinkt zu Boden. Wieder retour! Wir sind frei! Unterwegs! Endlich!


Was mich nun, eine Stunde vor Sonnenaufgang, nach der Hafenausfahrt erwartet, ist für mich gänzlich neu - aber auch wunderschön! Würde mein Motor nicht vor sich hinbrummen, es wäre totenstill hier draußen. Nur einem Fischer, im unbeleuchteten Boot, muss ich schon kurz nach der Hafenausfahrt ausweichen. Sonst ist hier niemand! Auch die Seevögel scheinen noch zu schlafen!


Ich steuere im Stehen - die Pinne zwischen den Beinen - aus der Bucht von Jezera heraus und um das Rt. Rat, eine markante Landmarke ganz im Süden von Murter, rum. Danach will ich den Autopiloten aktivieren, damit ich die Szenerie noch mehr genießen kann, und nicht ständig selbst steuern muss. Doch dieser lässt mich im Stich! Das Ding hatte letztens schon Mätzchen gemacht, funktionierte dann aber wieder! Gerade jetzt, da ich allein am Boot bin und einen "eisernen Rudergänger" dringend brauchen könnte, gibt das verdammte Ding seinen Geist auf! Naja, gehe ich halt selbst Ruder! Ich habe ja alles was ich brauche im Cockpit. Bananen, 2 weitere Nutellabrote, Wasser, Zigaretten und das IPad zum Navigieren. Mein Handy, um Fotos zu schießen, ist ohnehin immer dabei. Die Szenerie ist gewaltig! Dieses Seegebiet habe ich ja schon einige Male befahren, aber nie um diese Tageszeit! Genial! Schade, dass ich das mit niemandem teilen kann! Diese Pastellfarben am Himmel über den Kornaten! Toll!


Als ich nach gut 2/3 der Strecke, Vrgada, eine Insel die mir sehr gut aus meiner Motorboot-Zeit bekannt ist, passiere, DAS Highlight des Tages! Delfine! Irre! Ich kann es kaum glauben, dass mich diese auf meiner allerersten Einhandfahrt besuchen kommen! Danke! Vielen, vielen Dank!!! Das ist erst das zweite Mal, dass ich Delfinen in freier Natur begegne! Gerade jetzt hätte sich der Autopilot aber sowas von bezahlt gemacht. Ich muss leider an der Pinne stehen, und kann somit keine ordentlichen Fotos und Videos von diesen genialen Geschöpfen machen. Aber immerhin gibt es ein wenig Beweismaterial! Eine Delfinschule von mindestens 5 Tieren, schwimmt gemütlich geschätzte 100 Meter backbords von mir. Geil!


Nicht ahnend, dass es diesmal auch funktioniert, denke mir, lockst sie halt an, wie beim letzten Mal, und beginne ich zu jubeln und rufen! Sie tauchen immer wieder auf und ab, aber sie nähern sich. Ich rufe weiter! Noch lauter! Sie nähern sich weiter, bis sie schließlich eine Zeit lang neben dem Boot herschwimmen und sogar darunter durchtauchen! Herrlich! Wahnsinn! Und das an diesem, so schon so besonderen Tag! Vor dieser Insel, die die allererste Insel war, die ich als Skipper eines 6 Meter Motorbootes angelaufen bin! Und jetzt das hier! Ich werd verrückt! All die Mühe und Anstrengung, ja all die Sorgen der letzten beiden Monate und jetzt DAS hier! Geil! Danke! Ich sehe das als den Lohn, den ich mir gestern noch erbeten habe!


Weit ist es nicht mehr bis Biograd, so treibe ich um 09:40 schon vor der Hafeneinfahrt der Marina Kornati. Ich bringe die Fender aus und belege die Festmacherleinen an den vorlichen Klampen! Dann melde ich mich noch telefonisch beim MarinaOffice und bekomme eine ungefähre Angabe, wo mein Liegeplatz denn sein könnte! Es würde ein Mariniero auf mich warten! OK! Na dann schauma mal ....


Es kann losgehen! Endspurt! Jetzt nur keinen Fehler mehr machen! Ich drossle Tinas Motor! Standgas! Wir gleiten durch die Hafeneinfahrt und als ich schon fast am Ende der "Hauptverkehrsstraße" der riesigen Marina bin, winkt mir ein Mann im weißen Polo. Das kann nur mir gelten! Er deutet in eine Richtung, in der ich zuerst gar keine weitere Boxengasse mehr vermute, aber doch - da geht's ja nochmal rum! Ich drehe nach steuerbord ab und biege ein! 30 Meter weiter steht schon wieder einer und winkt! Der selbe Mariniero. Ich soll nun in eine weitere Boxengasse abbiegen. Okay?! Na ob das gut geht! Es wird nun subjektiv gesehen immer enger! Am Molenkopf des Steges, nach dem ich rein soll, hängt eine in Österreich geflaggte Bavaria 37. Jemand ist im Cockpit und schaut mir zu, wie ich stehend, mit der Pinne zwischen den Knien, etwas desorientiert vorüberfahre. Ich probier's: "Is do eh gnuag Plotz? Der hätt ma do eina deit!" Und siehe da! Ich bekomme ein freundliches: "Jo, san eh nu 2 Plätz frei! Ganz vurn!" zurück! Danke! Das dämpft mein Gefühl der Unsicherheit, den winkenden Menschen missverstanden haben zu können. Also ziehe ich an der Pinne und gleite in die hoffentlich letzte Boxengasse dieses Irrgartens. Ganz im letzten Eck steht er dann, der Herr, der mich auf seinem Fahrrad, von Steg zu Steg sprintend, hier herein gelotst hat! Das Anlegemanöver funktioniert einwandfrei! Wie fast alle Marinieros, ist auch dieser junge Mann äußerst freundlich, ruhig und hiflsbereit. Ich übergebe ihm die Schiffspapiere und er zeigt mir noch die Wege zu den Sanitäranlagen und zur Rezeption. Dann zieht er ab. Schade! Hätte gerne mit jemandem ein Anlegerbier auf meine gelungene erste Einhandfahrt getrunken!

Ich bringe das Landstromkabel aus, montiere den Cockpittisch und setze mich allein mit einem Bier hin. In diesem Moment schlendert der österreichische Typ vom Molenkopf an Tina vorbei! "So früh schon?!" meint er! "Naja, ich bin seit halb 4 auf und seit 5 unterwegs!" "OK, dann geht das!" Er lacht! Ich bitte ihn herauf zu mir! Schließlich habe ich eine Kühlbox voll kühlem Bier! Er zögert kurz, lässt sich dann aber zu einem Frühstücksbier überreden! Wir unterhalten uns gut! Ich erfahre, dass er seit 3 Jahren, von März bis Oktober hier auf dem Schiff lebt, sein Boot jedoch dieses Jahr nach Korfu überstellen möchte, um sich von dort aus, dann weiter nach Sizilien - und eventuell weiter! - vorzuarbeiten. Super! So weit wär ich auch schon gern! Ich muss wohl noch ein paar Jährchen arbeiten, bevor ich diesen Traum ebenfalls leben kann!

Nachdem ich die Duschen aufgesucht habe, will ich die Distanzen hier in der Marina checken. Ich liege mit Tina in der Marina Süd - die Schulschiff-Flotte in der Zentral-Marina. Es ist wohl ein ganz schönes Stück zu gehen, ganz rum um den Hafen! Obwohl ich nicht viel gegessen habe, war ich schon Tage lang nicht mehr so hungrig wie heute! Ist es die Anspannung die abfällt? Oder doch die Seeluft? Ich beschließe die Gehzeit zum Steg, an dem die Schulschiffe liegen, zu stoppen, in dem ich das Marina-Restaurant aufsuche, welches genau vor jenem Steg liegt! Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen! Das Restaurant, und somit die Ausbildungs-Basis, erreiche ich in 10 Minuten flotten Gehens! Passt! Ich esse vorzüglich und gehe dann wieder zurück zu Tina, um ein wenig zu schreiben.

15:00 Uhr: Auf der Terrasse des Marina-Restaurants sehe ich Alex, den Chef. Den frag ich gleich mal, welchem der beiden Schulungsschiffe ich zugeteilt bin. Es ist die "Athi". Der Skipper seie schon an Bord! Also suche ich gleich mal das genannte Schiff! Da ist niemand im Cockpit! Eigentlich soll man ja nicht ungefragt auf ein Boot gehen, aber in diesem Fall .... ich steige über und finde den offensichtlichen Skipper am Boden des Salons rumkriechen. "Hallo, ich bin der Max! Ich komme zur FB2 Ausbildung!". Der Mensch, dessen "Maurer-Dekolleté" ich eben noch zu Gesicht bekommen habe, blickt zu mir auf! "Servus, ich bin der Stefan! Mach mich grad ein wenig mit dem Schiff vertraut." "Gut, dann kann ich ja gleich mitmachen!" "Jo sicher!" Stefan wirkt etwas gestresst. Dürfte eben erst angekommen sein. Er huscht durch den Salon, raus ins Cockpit, an Deck, wieder zurück, wieder rauf! Immer irgendwelche Dinge checkend! Innerlich schmunzle ich! Irgendwoher kenn ich das! Ich warte auf Anweisungen, darf aber vorerst nur rumstehen!

Dann werde ich endlich mal eingeteilt! Wir wechseln eine Genua-Shot und kappen die marode Leine in insgesamt 12 kurze Stücke, zum Knoten üben! Stefan hat nun schon auf Lehrmodus umgeschaltet und zeigt mir auch gleich mal eine Version des Palstek, die ich noch nicht kannte! Den "Gesteckten-Palstek"! Den muss ich zwar erst verinnerlichen, aber dürfte echt viel einfacher und schneller (in manchen Fällen, somit sicherer) zu knüpfen sein. Danke! Dann kommt auch noch Michi, einer der anderen FB2 Trainer, mit dem ich letzten Herbst gemeinsam das ISAF Offshore Survival Training absolviert habe, vorbei! Ich meine, ich hätte gehofft, ihn als Trainer zu haben, aber der Bayer (Skipper Stefan) sei ja anscheinend auch ein "klasser Bursch", was er mir bestätigt! Aber wir werden uns in der nächsten Woche sicher das eine oder andere Mal treffen um gemeinsam das eine oder andere Bier zu trinken! Ich mag den Michi! Tiroler! Alpenskipper quasi! Ebenfalls RYA Yachtmaster Ocean - was "höheres" gibt's nimmer! Ein sympathischer Typ. Ebenfalls Raucher!

Dann trudelt auch schon der Rest der Crew ein und es geht los! Vorstellungsrunde, Sicherheitseinweisung, Deck-Walk, ... das übliche Programm halt! Nach einer Runde "Lassowerfen" beendeten wir den ersten Trainingstag mit einem Kroatischen Cola (Karlovacko Bier) im Cockpit von "Athi", der Dufour Grand Large 460, mit der ich morgen schon fahren darf!

Was für ein Tag! Irre viel passiert heute! Vor nicht mal 19 Stunden habe ich in Jezera abgelegt, einen wahnsinnig tollen Sonnenaufgang und eine einzigartige Morgenstimmung, allein auf dem Meer erleben dürfen, eine tolle Begegnung mit Delfinen gehabt und einige nette Menschen kennengelernt! Ich sage danke und freue mich schon auf morgen! Bin gespannt, was Skipper Stefan noch so zu erzählen hat! Gute Nacht!

1 Kommentar:

  1. Wunderschöne Fotos. Mich frißt der Neid. :-)))) Viel Spass noch.GLG Robert

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