30.3.2019 - Auf in die zweite Trainingswoche

Die erste Trainingswoche ist nun um. Heute um 15:00 Uhr geht's in die zweite Runde! Bisher alles schwer in Ordnung! Hatten Bora! Somit waren die Bedingungen perfekt für meine ersten Starkwind-Erfahrungen! Sind auch einen 3 Tages Törn gefahren! Biograd-Zlarin-Murter-Biograd! Die Dufour 460 Grand Large läuft super! Mit voller Genua und Groß im 2. Reff trieben wir das Ding bis auf 9,8 Knoten! Irre! Mehr kann ich im Moment nicht schreiben. Irgendwie stressig das Ganze mit dem Hin und Her zwischen Tina und der Schulflotte, aber ich möchte es nicht anders! Schon gut, wenn man auch mal ein wenig Privatsphäre und seine eigene Koje hat. Wenn wir auf Törn sind, schlafe ich im Salon der Dufour! Passt auch! 














23.3.2017 - Endlich losgekommen! Und dann noch Delfine!

03:30 Uhr: Ich wache auf, springe an Deck und checke das Echolot. Dieses misst 1,2 Meter - das sind vermutlich so an die 10 cm unter dem unter dem Kiel! Das ist mir noch zu unsicher! Da ich ohnehin nicht mehr schlafen kann, die Anspannung ist einfach zu groß, mache ich mir Kaffee und esse Nutellabrote! Sonst frühstücke ich ja nicht, so kurz nach dem Aufstehen, aber heute brauche ich auf jeden Fall Energie! Heute MUSS es passieren! Tina und ich wären ja schon gestern bereit gewesen, doch die blöde Tide hat uns einen weiteren Tag Verzögerung eingebracht!

Um 04:30 Uhr springt das Echolot von 1,2 auf 1,3 Meter um! Jetzt oder nie! Das angesagte Hochwasser sollte relativ milde ausfallen. Womöglich wird's gar nicht mehr mehr?! Jetzt oder nie! Ich mache Tina startklar, und will das Ablegemanöver genauso anlegen, wie das gestrige. Jetzt steht das Wasser deutlich höher als gestern Vormittag, bei meinem gescheiterten Ablegeversuch! Nun müsste es gehen! Tut es auch! Nachdem ich mir im ersten Anlauf die steuerbord Muring des Liegeplatznachbarn "einfahre"... ich wollte möglichst eng an diesem vorbei, raus aus meinem Liegeplatz. Die Untiefe, die uns gestern für 5,5 Stunden gefangen hielt, unbedingt vermeiden! Die mitgenommen Muring wurde ich aber schnell wieder los. Pinne hart steuerbord! Kurzer Schub vorwärts und schon löst sich die Muringleine von Tinas Ruderblatt und sinkt zu Boden. Wieder retour! Wir sind frei! Unterwegs! Endlich!


Was mich nun, eine Stunde vor Sonnenaufgang, nach der Hafenausfahrt erwartet, ist für mich gänzlich neu - aber auch wunderschön! Würde mein Motor nicht vor sich hinbrummen, es wäre totenstill hier draußen. Nur einem Fischer, im unbeleuchteten Boot, muss ich schon kurz nach der Hafenausfahrt ausweichen. Sonst ist hier niemand! Auch die Seevögel scheinen noch zu schlafen!


Ich steuere im Stehen - die Pinne zwischen den Beinen - aus der Bucht von Jezera heraus und um das Rt. Rat, eine markante Landmarke ganz im Süden von Murter, rum. Danach will ich den Autopiloten aktivieren, damit ich die Szenerie noch mehr genießen kann, und nicht ständig selbst steuern muss. Doch dieser lässt mich im Stich! Das Ding hatte letztens schon Mätzchen gemacht, funktionierte dann aber wieder! Gerade jetzt, da ich allein am Boot bin und einen "eisernen Rudergänger" dringend brauchen könnte, gibt das verdammte Ding seinen Geist auf! Naja, gehe ich halt selbst Ruder! Ich habe ja alles was ich brauche im Cockpit. Bananen, 2 weitere Nutellabrote, Wasser, Zigaretten und das IPad zum Navigieren. Mein Handy, um Fotos zu schießen, ist ohnehin immer dabei. Die Szenerie ist gewaltig! Dieses Seegebiet habe ich ja schon einige Male befahren, aber nie um diese Tageszeit! Genial! Schade, dass ich das mit niemandem teilen kann! Diese Pastellfarben am Himmel über den Kornaten! Toll!


Als ich nach gut 2/3 der Strecke, Vrgada, eine Insel die mir sehr gut aus meiner Motorboot-Zeit bekannt ist, passiere, DAS Highlight des Tages! Delfine! Irre! Ich kann es kaum glauben, dass mich diese auf meiner allerersten Einhandfahrt besuchen kommen! Danke! Vielen, vielen Dank!!! Das ist erst das zweite Mal, dass ich Delfinen in freier Natur begegne! Gerade jetzt hätte sich der Autopilot aber sowas von bezahlt gemacht. Ich muss leider an der Pinne stehen, und kann somit keine ordentlichen Fotos und Videos von diesen genialen Geschöpfen machen. Aber immerhin gibt es ein wenig Beweismaterial! Eine Delfinschule von mindestens 5 Tieren, schwimmt gemütlich geschätzte 100 Meter backbords von mir. Geil!


Nicht ahnend, dass es diesmal auch funktioniert, denke mir, lockst sie halt an, wie beim letzten Mal, und beginne ich zu jubeln und rufen! Sie tauchen immer wieder auf und ab, aber sie nähern sich. Ich rufe weiter! Noch lauter! Sie nähern sich weiter, bis sie schließlich eine Zeit lang neben dem Boot herschwimmen und sogar darunter durchtauchen! Herrlich! Wahnsinn! Und das an diesem, so schon so besonderen Tag! Vor dieser Insel, die die allererste Insel war, die ich als Skipper eines 6 Meter Motorbootes angelaufen bin! Und jetzt das hier! Ich werd verrückt! All die Mühe und Anstrengung, ja all die Sorgen der letzten beiden Monate und jetzt DAS hier! Geil! Danke! Ich sehe das als den Lohn, den ich mir gestern noch erbeten habe!


Weit ist es nicht mehr bis Biograd, so treibe ich um 09:40 schon vor der Hafeneinfahrt der Marina Kornati. Ich bringe die Fender aus und belege die Festmacherleinen an den vorlichen Klampen! Dann melde ich mich noch telefonisch beim MarinaOffice und bekomme eine ungefähre Angabe, wo mein Liegeplatz denn sein könnte! Es würde ein Mariniero auf mich warten! OK! Na dann schauma mal ....


Es kann losgehen! Endspurt! Jetzt nur keinen Fehler mehr machen! Ich drossle Tinas Motor! Standgas! Wir gleiten durch die Hafeneinfahrt und als ich schon fast am Ende der "Hauptverkehrsstraße" der riesigen Marina bin, winkt mir ein Mann im weißen Polo. Das kann nur mir gelten! Er deutet in eine Richtung, in der ich zuerst gar keine weitere Boxengasse mehr vermute, aber doch - da geht's ja nochmal rum! Ich drehe nach steuerbord ab und biege ein! 30 Meter weiter steht schon wieder einer und winkt! Der selbe Mariniero. Ich soll nun in eine weitere Boxengasse abbiegen. Okay?! Na ob das gut geht! Es wird nun subjektiv gesehen immer enger! Am Molenkopf des Steges, nach dem ich rein soll, hängt eine in Österreich geflaggte Bavaria 37. Jemand ist im Cockpit und schaut mir zu, wie ich stehend, mit der Pinne zwischen den Knien, etwas desorientiert vorüberfahre. Ich probier's: "Is do eh gnuag Plotz? Der hätt ma do eina deit!" Und siehe da! Ich bekomme ein freundliches: "Jo, san eh nu 2 Plätz frei! Ganz vurn!" zurück! Danke! Das dämpft mein Gefühl der Unsicherheit, den winkenden Menschen missverstanden haben zu können. Also ziehe ich an der Pinne und gleite in die hoffentlich letzte Boxengasse dieses Irrgartens. Ganz im letzten Eck steht er dann, der Herr, der mich auf seinem Fahrrad, von Steg zu Steg sprintend, hier herein gelotst hat! Das Anlegemanöver funktioniert einwandfrei! Wie fast alle Marinieros, ist auch dieser junge Mann äußerst freundlich, ruhig und hiflsbereit. Ich übergebe ihm die Schiffspapiere und er zeigt mir noch die Wege zu den Sanitäranlagen und zur Rezeption. Dann zieht er ab. Schade! Hätte gerne mit jemandem ein Anlegerbier auf meine gelungene erste Einhandfahrt getrunken!

Ich bringe das Landstromkabel aus, montiere den Cockpittisch und setze mich allein mit einem Bier hin. In diesem Moment schlendert der österreichische Typ vom Molenkopf an Tina vorbei! "So früh schon?!" meint er! "Naja, ich bin seit halb 4 auf und seit 5 unterwegs!" "OK, dann geht das!" Er lacht! Ich bitte ihn herauf zu mir! Schließlich habe ich eine Kühlbox voll kühlem Bier! Er zögert kurz, lässt sich dann aber zu einem Frühstücksbier überreden! Wir unterhalten uns gut! Ich erfahre, dass er seit 3 Jahren, von März bis Oktober hier auf dem Schiff lebt, sein Boot jedoch dieses Jahr nach Korfu überstellen möchte, um sich von dort aus, dann weiter nach Sizilien - und eventuell weiter! - vorzuarbeiten. Super! So weit wär ich auch schon gern! Ich muss wohl noch ein paar Jährchen arbeiten, bevor ich diesen Traum ebenfalls leben kann!

Nachdem ich die Duschen aufgesucht habe, will ich die Distanzen hier in der Marina checken. Ich liege mit Tina in der Marina Süd - die Schulschiff-Flotte in der Zentral-Marina. Es ist wohl ein ganz schönes Stück zu gehen, ganz rum um den Hafen! Obwohl ich nicht viel gegessen habe, war ich schon Tage lang nicht mehr so hungrig wie heute! Ist es die Anspannung die abfällt? Oder doch die Seeluft? Ich beschließe die Gehzeit zum Steg, an dem die Schulschiffe liegen, zu stoppen, in dem ich das Marina-Restaurant aufsuche, welches genau vor jenem Steg liegt! Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen! Das Restaurant, und somit die Ausbildungs-Basis, erreiche ich in 10 Minuten flotten Gehens! Passt! Ich esse vorzüglich und gehe dann wieder zurück zu Tina, um ein wenig zu schreiben.

15:00 Uhr: Auf der Terrasse des Marina-Restaurants sehe ich Alex, den Chef. Den frag ich gleich mal, welchem der beiden Schulungsschiffe ich zugeteilt bin. Es ist die "Athi". Der Skipper seie schon an Bord! Also suche ich gleich mal das genannte Schiff! Da ist niemand im Cockpit! Eigentlich soll man ja nicht ungefragt auf ein Boot gehen, aber in diesem Fall .... ich steige über und finde den offensichtlichen Skipper am Boden des Salons rumkriechen. "Hallo, ich bin der Max! Ich komme zur FB2 Ausbildung!". Der Mensch, dessen "Maurer-Dekolleté" ich eben noch zu Gesicht bekommen habe, blickt zu mir auf! "Servus, ich bin der Stefan! Mach mich grad ein wenig mit dem Schiff vertraut." "Gut, dann kann ich ja gleich mitmachen!" "Jo sicher!" Stefan wirkt etwas gestresst. Dürfte eben erst angekommen sein. Er huscht durch den Salon, raus ins Cockpit, an Deck, wieder zurück, wieder rauf! Immer irgendwelche Dinge checkend! Innerlich schmunzle ich! Irgendwoher kenn ich das! Ich warte auf Anweisungen, darf aber vorerst nur rumstehen!

Dann werde ich endlich mal eingeteilt! Wir wechseln eine Genua-Shot und kappen die marode Leine in insgesamt 12 kurze Stücke, zum Knoten üben! Stefan hat nun schon auf Lehrmodus umgeschaltet und zeigt mir auch gleich mal eine Version des Palstek, die ich noch nicht kannte! Den "Gesteckten-Palstek"! Den muss ich zwar erst verinnerlichen, aber dürfte echt viel einfacher und schneller (in manchen Fällen, somit sicherer) zu knüpfen sein. Danke! Dann kommt auch noch Michi, einer der anderen FB2 Trainer, mit dem ich letzten Herbst gemeinsam das ISAF Offshore Survival Training absolviert habe, vorbei! Ich meine, ich hätte gehofft, ihn als Trainer zu haben, aber der Bayer (Skipper Stefan) sei ja anscheinend auch ein "klasser Bursch", was er mir bestätigt! Aber wir werden uns in der nächsten Woche sicher das eine oder andere Mal treffen um gemeinsam das eine oder andere Bier zu trinken! Ich mag den Michi! Tiroler! Alpenskipper quasi! Ebenfalls RYA Yachtmaster Ocean - was "höheres" gibt's nimmer! Ein sympathischer Typ. Ebenfalls Raucher!

Dann trudelt auch schon der Rest der Crew ein und es geht los! Vorstellungsrunde, Sicherheitseinweisung, Deck-Walk, ... das übliche Programm halt! Nach einer Runde "Lassowerfen" beendeten wir den ersten Trainingstag mit einem Kroatischen Cola (Karlovacko Bier) im Cockpit von "Athi", der Dufour Grand Large 460, mit der ich morgen schon fahren darf!

Was für ein Tag! Irre viel passiert heute! Vor nicht mal 19 Stunden habe ich in Jezera abgelegt, einen wahnsinnig tollen Sonnenaufgang und eine einzigartige Morgenstimmung, allein auf dem Meer erleben dürfen, eine tolle Begegnung mit Delfinen gehabt und einige nette Menschen kennengelernt! Ich sage danke und freue mich schon auf morgen! Bin gespannt, was Skipper Stefan noch so zu erzählen hat! Gute Nacht!

22.3.2019 - Nun sitzen wir auch noch auf Grund

Ich starte zeitig und top motiviert in den Tag. Pünktlich um 8 Uhr berappe ich beim Lucka Kapetanja in Tisno (auch sehr nett, die Leute dort) die Kurtaxe für die nächsten 2 Wochen (360 Kuna. 48,50 Euro. Dabei ist es jedoch egal, wie viele Leute am Boot mitfahren!). Um 08:15 Uhr bin ich schon wieder zurück auf Tina und beginne damit, sie seeklar zu machen. Ich hole das Landstromkabel ein, schließe die Seeventile und mache klar Schiff! Danach melde ich mich ordnungsgemäß im Marina-Office ab, hole die Passarella über und finde auch ein geeignetes Plätzchen, um diese an Deck fest zu zurren. Ich schalte den Kühlschrank aus, mache den Pinnenpiloten startklar und deponiere die Steckschotten seesicher in der Hundskoje, gleich neben dem Niedergang. Ich richte mir noch Brote für unterwegs, starte Funk, meinen GPS/Glosass-Empfänger und plane die Route nach Biograd am IPad. Es kann losgehen!

9:15 Uhr: Klar zum Ablegen! Der Wind kommt von hinten, also beginne ich damit, zuerst die Vorleinen los zu machen und auf den Steg über zu werfen, für das Anlegen im Fremdhafen, habe ich eigene Festmacherleinen mit. Nun hängt Tina nur mehr an den Muringleinen, die von ihrem Heck aus, in die Mitte der Boxengasse verlaufen und dort an einem schweren Betonblock befestigt sind. Ich löse nun auch die leeseitige (dem Wind abgewandte) Muringleine und lasse sie auf den Grund des Hafenbeckens absinken. Danach lege ich die luvseitige (dem Wind zugewandte) Muringleine zuerst auf Slip und versuche uns danach an dem dicken Tau rückwärts aus der Box zu ziehen. Ich zerre und zerre! Tina bewegt sich keinen Millimeter nach Hinten. OK, also doch zu viel Wind?! Ich lege den Rückwärtsgang ein. Standgas. Normalerweise sollte es uns nun schon nach hinten ziehen! Nichts tut sich. Ich gebe Gas! Noch nehr Gas! Keine Chance! Huston, we have a problem! Tina steckt mit ihrem Kiel im Sand/Seegras des Hafenbodens fest. Fuck! Wir hatten doch eigentlich schon abgelegt!

Ein teilnahmslos, direkt an der Szenerie vorbeigehender Mariniero, welchen ich zu mir winke, bestätigt meinen Verdacht! Ich Depp habe die Tide nicht bedacht! Warum sollte ich das auch gemacht haben?! Hier beträgt der Tidenhub ja nicht mal einen Meter und in all den Jahren musste ich mir wirklich nirgends, in keinem Hafen und mit keinem Schiff, egal ob Motor- oder Segelboot, um die Tide sorgen! Wer konnte damit rechnen, dass der Liegeplatz hier so(!) seicht ist, dass sogar die kleine Tina, mit ihrem geringen Tiefgang von 1,4 Metern Probleme hat? Der Vorbesitzer hätte mich auch warnen können! Und die Leute an der Rezeption, bei denen ich mein Auslaufen bekanntgegeben habe, ebenfalls! Naja, auf jeden Fall dürften wir sowohl bei der Probefahrt, als auch beim Erstschlag mit Wolfgang verdammtes Glück gehabt haben. Nicht auszudenken, wenn wir ausgefahren wären und nicht mehr rein gekonnt hätten, da zwischenzeitlich das Wasser abgelaufen ist?! Im besten Fall wären wir direkt am Liegeplatz, oder kurz davor auf Grund gelaufen, im Schlechtesten schon irgendwo mitten im Hafenbecken. Die Betonblöcke im seichten Wasser hinter Tinas Liegeplatz, wirken jetzt übrigens irgendwie noch bedrohlich näher an der Oberfläche, als zu vor.

Nachdem ich die quasi "trockenfallende" Tina wieder mit Vorleinen und einer zweiten Muring sichere, checke ich, noch im Cockpit sitzend, die Gezeitentabelle! Hochwasser war heute um 05:27 Uhr. Niedrigwasser ist für 11:25 Uhr angesagt! Als ich ausfahren wollte, war das Wasser also schon 4 Stunden am ablaufen. Shit! Nächstes Hochwasser wird, je nachdem welchem Tiden-Vorhersagemodell man Glauben schenkt, um ca. 18:00 Uhr sein. Sofern ich, als jemand, der nun erstmalig mit der Tide konfrontiert wird, das beurteilen kann, wäre die nächste Möglichkeit auszulaufen so gegen 15:00 Uhr. Eventuelle eine halbe Stunde vorher. Wenn ich also um 15:00 Uhr freikommen sollte und mit durchschnittlich 4 Knoten fahre, könnte ich bestenfalls so gegen 19:00 Uhr, also bereits in der Dunkelheit, in Biograd einlaufen. Ich weiß nicht, ob ich meine erste Alleinfahrt teilweise im Dunkeln machen möchte!? Nachtfahrt hatte ich bisher ja auch noch keine! Der nächste Rückschlag! Und das "nachdem" wir eigentlich schon unterwegs waren. OK, wir haben uns zwar nur ein paar Meter bewegt, aber hey, wir waren in Gedanken schon auf dem Weg nach Biograd! Dann das! Shit! Echt!

11:25 Uhr: Das Echolot zeigt 1,1 Meter unter dessen Einbauposition, welche sich etwas unter der Wasserlinie befinden sollte. Mittlerweile hängt Tina schief! Sie neigt sich auf ihre steuerbord Seite und kippt auch schon leicht nach vorne. Am Bug hat das Schiff fast gar keinen Tiefgang. Der gesamte Kiel befindet sich im hinteren Drittel des Bootes. Somit schwimmt der Bug noch, während Tina mit dem Kiel im Schlamm steckt. Komisches Gefühl so bergab in der Dinette zu sitzen und zu schreiben.

Als ich draußen nochmals die Lage checke, erspähe ich einen Mann in ACI Kluft. Ich hechte auf den Steg - Gangway hab ich vorerst nicht wieder ausgebracht - und winke ihn zu mir. Der freundliche Herr klärt mich über die Tide hier auf und versichert mir, dass es ausschließlich im Winter Probleme damit geben kann. Im Sommer ist der Wasserstand generell um einiges höher. Da sollte ich dann jederzeit ausfahren können, ohne auf die Gezeiten achten zu müssen. Ich atme auf! Es stellt sich heraus, dass der Mann der Marina-Manager ist. Er dürfte Zeit haben und beginnt über die Bauvorhaben hier zu berichten. Das gesamte Areal rund um die Rezeption, die bereits neu sanierten Sanitäranlagen, den Pool und das Restaurant wird heuer noch neu gestaltet. Auch wird kommenden Winter "mein" Steg erneuert.


Da ich den "Macher" hier anscheinend schon an der Hand habe, wünsche ich mir, in unerwartet freundlich-frecher Art, für meinen Liegeplatz, anstatt der Ringe, viel einfacher zu handhabende Poller! Er lacht und meint, dass sie ohnehin auf Poller umsteigen werden. Auch für die Marinieros ist das Leinenhandling damit um einges einfacher und auf lange Sicht eines Mariniero-Lebens, doch körperlich weniger belastend. Er meint, viele Marinieros hier hätten Probleme mit dem Rücken oder den Knien. Vom oftmaligen kniend/gebückten Einfädeln der Festmacher-Leinen, von oft hunderten Booten am Tag, in die dummen kleinen Ringe! Er sagt, er war 25 Jahre lang Marina-Manager in Skradin und meint, im direkten Vergleich sind die Marinieros mit ähnlichen Dienstzeiten in Marinas, wo an den Stegen seit jeher Poller angebracht sind, in Bezug auf ihren Bewegungsapparat, deutlich weniger abgenutzt, als jene Hafenhelfer, welche sich über Jahrzehnte mit Festmacherringen abmühen mussten. So kann jeder Job, auch wenn er mit Booten und Meer zu tun hat, und für einen durchschnittlichen Mitteleuropäer "lässig" erscheint, dann doch seine Schattenseiten haben.
Was mich freut, ist die Menschlichkeit, die dieser Marina-Manger gegenüber seinen Mitarbeitern und dem Berufsstamm an sich gegenüber zeigt! Toll! Die Welt braucht mehr von solchen Chefs! Eine weitere Info: das gesamte Hafenbecken wird, beginnend mit dem Bereich bei der Krananlage/Tankstelle, im Laufe der nächsten Jahre tiefer gemacht. So auch der Bereich, wo Tina liegt! Super! Erst gegen Ende unserer Unterhaltung meint er, in beinahe akzentfreiem Deutsch, dass wir uns aber auch in meiner Muttersprache unterhalten könnten, sofern ich wolle! Lach! Ich komm eigentlich ganz gut mit meinem Englisch durch, aber ja, das hätte diese nautische Konversation zwischen uns wohl doch etwas einfacher gemacht!

Ich gehe wieder unter Deck und checke sämtliche Tidentabellen, die ich finden kann. Und die alle irgendwie geringfügig was anderes sagen. Beginne, mit den Daten aus dem Internet und dem, was mein altes Echolot anzeigt, in eine Art Selfmade-Tidenkurve zu erstellen. Geht mehr schlecht als recht, aber zumindest eine Kurve!

Da ich ja eh Zeit habe, fahre ich nach Murter. Habe im Vorbeifahren gesehen, dass es dort einen Musto-Shop gibt! Ich könnte noch eine Segelhose, sowie einen Windbreaker brauchen. Ich werde von einer äußerst netten und liebenswerten Dame, mittleren Alters begrüßt die mir sofort bereitwillig das Sortiment, des chaotisch wirkenden, aber dennoch recht gut sortierten Shops zeigt. Mit mehreren Anproben arbeiten wir uns zu einer Hose durch, die super passt und noch dazu um 50% verbilligt ist! Deal! Sie zeigt mir dann noch eine Softshell-Jacke, die auf Anhieb passt und ebenfalls nur die Hälfte des regulären Preises kostet! Tja, man muss ja auch mal Glück haben! Der bitter Beigeschmack dabei! Als ich den Shop verlassen will und nach meiner Sonnenbrille greife, hat sich diese in Luft aufgelöst. Ich war mir fast sicher, sie aufgehabt zu haben, als ich den Shop betrat, aber die Verkäuferin meint, ich wäre ohne gekommen. Trotzdem durchsuchen wir gemeinsam jeden Winkel des winzigen Shops! Nichts! Gut, dann hab ich sie wohl wirklich auf dem Schiff gelassen ....

14:00 Uhr: Das Wasser läuft wieder auf. Jetzt zeigt das Echolot schon 1,2 Meter.

14:36 Uhr: In einer Böe schlägt es die Pinne auf die andere Seite. Konnte diese seit Stunden nicht mehr bewegen, so fest waren Kiel und somit auch das daran angehängte Ruder, im Schlamm eingegraben.

14:40 Uhr: Das Echolot zeigt 1,3 Meter: Eine weitere starke Bö drückt Tina von der Untiefe, die sich anscheinend gleich neben Tinas Liegeplatz befindet. Nach fünfeinhalb Stunden schwimmen wir wieder! Ich zücke den Bootshaken und ziehe uns damit ganz nah ans Nachbarschiff. Dann lege ich eine Sicherungsleine zwischen Tina und dem benachbarten Segelboot, damit es uns nicht wieder auf die Untiefe treiben kann. Das Echolot zeigt nun komischerweise wieder 1,1 Meter. Weniger als zuvor, als wir auf Grund lagen! Somit kann dort eigentlich nur eine lokale "Untiefe" sein, auf der Tina mit ihrem Kiel hängengeblieben ist, als uns beim Ablegen eine Bö etwas nach steuerbord vertrieben hat. Der Geber für das Echolot sitzt etwas weiter vorne - kann sein, dass Tina dort noch nicht ihren maximalen Tiefgang hat. Das würde mir das Freikommen, trotz Verminderung der Wassertiefe um gar 20 cm, irgendwie erklären. Trotzdem komisch zu wissen, dass es jederzeit wieder soweit sein kann. Und vermutlich auch wird! Spätestens um 00:00 Uhr, wenn das nächste Niedrigwasser da ist, wird es selbst in der Box schon arsch-knapp! Ich hoffe auf ruhige See, damit ein eventuelles Aufsetzen nicht gar so heftig ist. Ich denke nämlich, die "Faustschläge" gegen das Heck, die ich in den Bora-Nächten als Wellen, die gegen den Spiegel donnern, gedeutet hatte, waren die Geräusche, die der Kiel macht, wenn er im Wellengang auf den Hafenboden rumst!!!!! Mir wird schlecht!!! Gut, dass Tina ein Langkieler ist, der Rumpf also in einem Stück laminiert ist. Im 2 cm dicken GFK sind dann die 1,2 Tonnen Blei fix integriert! Alles robust gebaut und aus einem Stück. Bei anderen Booten ist der Kiel am Rumpf angeschraubt und am Ende ist eine Bleibombe dran! Dort halten nur wenige Bolzen den Kiel am Boot! Grundberührungen sind bei solchen Schiffen definitiv besorgniserregender als bei Tina. Trotzdem ....

15:00 Uhr: Das Echolot zeigt 1,2 Meter in der Box. Jetzt würde ich wahrscheinlich sogar rauskommen. Der Wind würde mich wenn, dann von der Untiefe wegtreiben! Aber wenn ich jetzt noch ablege, würde ich es noch vor Sonnenuntergang bis Biograd schaffen? Eher nicht! Ich müsste an die 6 Knoten Schnitt fahren, was Tina nie und nimmer schafft! Als ich am Morgen erste Überlegungen angestellt habe, hatte ich 15:00 Uhr als frühest mögliche Zeit wieder freizukommen prognostiziert (irgendwie bin ich stolz drauf, als totaler Tiden-Neuling das richtig abgeschätzt zu haben). Da war mir schon klar, dass ich heute nicht mehr ausfahren werde. Shit! Dabei wär alles so gut gelaufen! Tina und ich wären fit und motiviert gewesen! Wieder ein Rückschlag! So langsam wird es zeitmäßig echt knapp! Eigentlich wollte ich mich schon seit gestern, entspannt, in der Marina Kornati, auf die kommenden 2 Ausbildungswochen vorbereiten! Dumm gelaufen! Aber Hauptsache, ich habe morgen nochmal die Chance, mein schon so lange gesetztes, erstes Ziel zu erreichen! Jetzt habe ich schon so viel Zeit, Geld und vor allem auch Arbeit und Nerven investiert! Da muss ich doch jetzt auch mal den Lohn dafür ausbezahlt bekommen!

Meine letzte Chance abzulegen und Biograd per Schiff rechtzeitig zu erreichen, ist morgen Früh ganz zeitig mit dem "Hochwasser", das lt. diversen Apps jedoch nicht berauschend hoch ausfallen soll. Ich werde mich also heute sehr zeitig in die Koje hauen und den Wecker auf 05:00 Uhr stellen. Für 06:03 Uhr ist Hochwasser angesagt. Ich möchte es dann nochmals wagen! Die Sonne sollte um 05:56 aufgehen! Wenn ich also um 06:00 Uhr wegkomme, dann kann ich gegen Mittag in Biograd sein und um 15:00 Uhr gemütlich zum Schulschiff rüber schlendern. Alles im grünen Bereich! Ich muss nur mal rauskommen!!!!!!

17:00 Uhr: Nachdem ich meine Sonnenbrille weder im Auto, noch auf Tina auffinden konnte, fahre ich zurück zum Musto-Shop. Vielleicht das Ding ja mittlerweile aufgetaucht. Leider nein! Also macht die Dame ein zweites Mal am heutigen Tag ein Geschäft mit mir. Ich erstehe eine gute Seglerbrille. Zwar ist diese nicht verbilligt, aber wenigstens habe ich jetzt mal eine "richtige" Seglerbrille.

Als ich schon nach Jezera fahre, will ich gerade anhalten, um das neue Teil, auszupacken und gleich mal einem Feldtest zu unterziehen, da winkt jemand am Straßenrand. Autostopper! Genau dort wo ich eigentlich eh stehen bleiben wollte! Ich nehme sonst nie Tramper mit. Keine Ahnung warum. Ich habe doch keine Angst überfallen oder verschleppt zu werden und meistens ist ja auch noch Platz im Auto?! Vielleicht die Scheu vor dem Unbekannten? Wie auch immer. Heute ist es anders! Ohne großartig nachzudenken - fast automatisch - halte ich genau vor der Nase, der zuvor im Gegenlicht winkenden Gestalt an und lasse das Fenster runter. Die Dame meint, sie müsse zur Autobahn. So weit fahre ich nicht. Eigentlich nur bis Jezera, aber ich biete ihr an, sie bis Tisno zu bringen. Dort sind die Chancen, eine Mitfahrgelegenheit Richtung Autobahn zu erhaschen, weitaus größer als auf der Landstraße, an der Kreuzung, an der es runter nach Jezera geht, und für mich bedeutet das gerade mal 5 Minuten Zeitverlust! Auf der nur Zehnminütigen Fahrt nach Tisno, kommen wir ins Gespräch und ich erfahre, dass die Dame, eine Slovenin, gerade hier herzieht und jetzt mal kurz zurück in die alte Heimat muss, um einige Dinge zu erledigen. Wirklich eine nette Begegnung! Ich werde in Zukunft öfter mal Autostopper mitnehmen. Und vielleicht war diese "gute Tat" karmisch gesehen, gerade richtig. Morgen Früh brauche ich das Universum auf meiner Seite!

Heute konnte ich zwar nicht, wie geplant, ablegen - beziehungsweise, abgelegt hatten wir ja schon! Autsch! - jedoch habe ich 3 wirklich nette Gespräche geführt und im Ausverkauf auch noch einiges an Geld gespart! Glück im Unglück irgendwie! Wie, wenn mich das Universum bei Laune halten wollte?! Ich werde also nun nur noch kochen!? Wohl eher irgendwas Essbares reinstopfen, denn heut freut's mich echt nicht, wie üblich das Wetter und nun auch die Tide checken, eventuell noch die Sanitäranlagen nutzen, wobei es hier drin schon fast zu gemütlich ist, zum rausgehen in den kalten Wind und stinken würde ich noch nicht, den Wecker auf 5:00 Uhr stellen, mich dann zeitig in die Koje schmeißen und hoffen, dass ich morgen die allerletzte Möglichkeit zum rechtzeitigen Auslaufen nützen kann!

21.3.2019 - und er meinte: "It might not be as bad, as it looks!"

Gut schlafe ich nich in dieser Nacht! Ab 5 Uhr werde ich immer wieder wach und frage mich, wie die Geschichte mit dem Motor wohl enden wird! Gegen 7 Uhr krieche ich aus meiner Koje und starte mit drei Kaffee und dem Wetterbericht in den Tag - so ganz gebe ich die Sache mit dem Auslaufen nun doch nicht auf.

Als ich später, an Deck kniend, einen Splint am Bugkorb erneuere, erschallt über mir ein freundliches "Dobre jutro". Ich blicke auf und will noch "Dobre jutro - come on board" sagen, da huscht er auch schon über die Gangway. "Bepo", ein sympathisch aussehender Endzwanziger, hat es eilig, wie es scheint. Trotz der offensichtlichen Hast ist er sehr freundlich, hört sich geduldig meine Anamnese an und wirft dann gelassen einen Blick in den Motorraum. "It might not be as bad, as it looks! Oil always stays on top!" meint er, als er mit seinem Finger in der braunen Suppe rührt. Der Fachmann, der das selbe Motorenmodell in seinem alten Holzboot hatte, meint, das es zwar Öl und Wasser sei, was da in der Bilge schwappt, jedoch kein Diesel dabei sei! Er sieht sich die Wasserpumpe an, bei der ich beim gestrigen Testlauf hie und da einen Wassertropfen austreten sah, und meint, dass da vermutlich ein Simmering getauscht werden muss. Den Ölverlust, der anscheinend nicht groß sein kann - denn am Messstab ist dieser nicht merklich - müsse man sich ansehen, indem man Motor und Motorbilge mal ordentlich putzt und dann im Test-Run, mit Lampen und Spiegeln bewaffnet, versucht den Ölaustritt auszumachen. Es ist echt eng in Tinas kleinem Motorraum! Eine Herausforderung! Bepo sieht sich noch das Motoröl an und meint, es seie überhaupt kein Problem mit diesem Motor auszufahren. Ich solle halt auf den Ölstand achten und mich via Luca bei ihm melden, wenn ich wieder zurück bin. Er würde mir dann in einem Aufwaschen den Simmering tauschen, Öl und Filter wechseln und nach dem Ölleck suchen! Das ist ein Deal! Und was für eine Freude! Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, auslaufen zu können!

Hochmotiviert brause ich nach Murter zu Luca, um ihm die guten Neuigkeiten mitzuteilen und gleich mal neue Fenderleinen, sowie eine Öl-Absaugpumpe und Bremsenreiniger zu kaufen. Ich will die Sache mit der Bilge gleich noch in Angriff nehmen. Die Pumpe muss erst aus Sibenik geliefert werden, also ziehe ich lediglich mit den Fenderleinen im Gepäck wieder ab, um um 15 Uhr wiederzukehren. Das Absaug-Ding ist da und nach einer kurzen Verabschiedung mit Luca fahre ich auch schon wieder zurück zu Tina. Ich sauge ganze 4 Liter Öl/Wasser-Gemisch aus der Bilge! In dem Auffangzylinder kann man es nun schön erkennen! Es ist wirklich nicht mal ein fünftel davon Öl. Kann gut sein, dass das Öl schon lange Zeit sukzessive in die Bilge, die nun tiefer, als angenommen zu sein scheint, getropft ist und jetzt halt das Problem mit der Wasserpumpe dazu gekommen ist. Wie auch immer, ich werde mich in Zukunft hüten, mir da selbst eine Diagnose zu stellen. Ich hätte ruhiger schlafen können! Depp!

Nachdem ich das Zeug in einen der Dieselkanister umgefüllt habe, damit die Pumpe bereit für ihren nächsten Einsatz ist, reinige ich den alten Volvo und die darunterliegende Bilge noch mit Bremsenreiniger! Schaut gut aus! Glänzt wie sau! Nun sollte man erkennen können, wo das Öl austritt! Ich starte den Motor und werfe im laufenden Betrieb einen Blick in den Motorraum. Auch nach ein paar Minuten noch kein Tropfen Öl in der strahlend weißen, frisch geputzten Bilge! Die Impellerpumpe verliert auch keinen einzigen Tropfen! Irre! Gestern war da noch ein Mini-Leck!
Wie auch immer! Geil, dass ich die "Freigabe" habe! Geil, dass ich das Gröbste an Saustall schon mal erledigt hab! Geil, dass sich Bepo den Motor genauer ansehen wird und geil, dass es morgen losgeht! Ich strahle, während ich Tinas Cockpit wasche, welches von den Arbeiten der letzten Wochen, doch recht dreckig ist. Danach spanne ich noch meine Jack-Line. Ein Gurtband, welches vom Cockpit aus bis zum Bug führt. In dieses kann ich meine Life-Line, ebenfalls ein Gurtband mit gesichertem Karabiner, welches wiederum an der automatischen Rettungsweste befestigt ist, einklinken und so gesichert vom Cockpit bis zum Bug gehen! Nicht auszudenken, wenn ich alleine bin und in voller Fahrt vom Boot falle! 4 Knoten Fahrt sind realistisch. Selbst 2 Knoten "derschwimmt", auf gut Österreichisch niemand! Es kann sich jeder ausmalen, was das bedeutet! Auch habe ich keine PLB (Personal Location Beacon) oder Personal EPIRB (Emergency Position Indicating Rescue Beacon) an der Weste, welche ich auslösen könnte, während ich im Meer treibe, sondern nur eine EPIRB fürs Boot, die dann blöderweise keiner mehr an Bord auslösen könnte. Das Boot würde somit stur weiterfahren, ich im Meer treiben und niemand, aber auch wirklich niemand, würde davon mitbekommen!

Ich habe die Geschichte von Christian Kargl persönlich gehört, als ich bei ihm ein Offshore Safety Training absolviert habe. Ihn hat es 35 Meilen vor der Brasilianischen Küste, bei der Mini-Transat, einer Einhand-Transatlantik-Regatta für 6,5 Meter Boote, von Bord seines Racers gespült. Nur durch wahnsinniges Glück wurde er durch einen anderen Regattateilnehmer, in der bereits untergehenden Sonne aus der aufgewühlten See gefischt, und auf sein Boot, welches währenddessen unbeirrt weiter Kurs hielt, zurückgebracht. Was muss einem da durch den Kopf gehen?! Ich will es gar nicht wissen! Deswegen: Safety-First!

Somit kann es morgen los gehen! Klar Schiff machen, noch einen Huscher zum Hafenkapitän um die "Cruising Permit", oder wie auch immer das hier heißt, zu bezahlen und Leinen los! Spannend! Hätte mir vor einem Jahr - oder auch nur vor einem Halben - jemand gesagt, dass das alles so kommen wird, ich hätte es ihm nie und nimmer geglaubt! Eigentlich total surreal das Ganze! Wie im Film! Ziemlich arges Programm wird hier gespielt: Tragödien und spannungsgeladene Thriller werden gekonnt zwischen Dauer-Schiffs/Heimwerker-Sendungen eingespielt! Wenn's TV wär, wär's schräg! Frage mich, wo die Reise- und Abenteuergeschichten nur bleiben?! Naja, vielleicht gibt's da ja einen Programmdirektor, der daran arbeitet!

20.3.2019 - Motorprobleme! Wird es Luca wieder mal einfädeln?

Da es immer noch ordentlich windet, beginne den Tag damit, in Tinas warmem Salon meinen Blog ein wenig mit Fotos aufzuhübschen! Nach 4 Kaffee, entschließe ich mich gegen 10 Uhr dann doch den Kopf durch den Niedergang nach draußen zu stecken. Als erstes pumpe ich das Dinghy nochmals prall auf. Viel Luft ist in den letzten 2 Wochen nicht entwichen! Da bin ich schon mit schlechter aufgeblasenen Charter-Dinghys rumgefahren! Danach fahre ich zur Tankstelle um Diesel für den Volvo Penta und Benzin für den neuen, gebrauchten Yamaha. Der Diesel ist schnell in Tinas Tank gekippt. 3/4 voll! Das sollte mehrmals bis Biograd und zurück reichen. Ich schütte auch ein Schlückchen Benzin in den Tank des Außenborders. Benzinhahn auf. Joke finde ich keinen(?!?!). Drei Mal gezogen und er macht brav die ersten Huster! Ich schaffe es dann noch, ihn für ein paar Sekunden zum laufen zu bringen, er stirbt aber wieder ab und lässt sich nicht mehr starten. Vermutlich "abgesoffen" oder so ... Auf jeden Fall läuft er mal. Werde eine neue Zündkerze checken und dann nochmal probieren!

Nach diesem Teilerfolg will ich den Motorölstand des Volvo Pentas checken. Ich bin seit der Besichtigung, als der Ölstand OK war, lediglich 1 Mal ausgefahren und habe diesen seither auch nicht mehr weiter kontrolliert. Morgen will ich ausfahren, also sollte alles OK sein! Als ich die Niedergangstreppe, hinter welcher sich der Motor versteckt, wegnehme, wird mir schlecht! Schwarz-Braune Suppe in der Motorbilge! Wie kann das sein?! Als ich das Boot besichtigt habe, war alles knochentrocken und seither ist der Motor gerade mal 5 Stunden gelaufen - das war, als ich mit Wolfi die erste Ausfahrt gemacht habe! Ein erster Test zeigt, dass es sich um eine ölige Flüssigkeit handelt. Fuck! Ich checke den Ölstand des Volvos mittels Messstab! Dieser scheint auf den ersten Blick in Ordnung zu sein.

Erst nach mehrmaligem Prüfen komme ich zur Ansicht, dass anstatt zu wenig, eher zu viel Öl im Motor sein müsste! Dubios! Und sehr beunruhigend! Ich vergleiche die braune Suppe aus der Motorbilge mit dem Motoröl vom Messstab, indem ich ein paar Tropfen der jeweiligen Flüssigkeit auf Küchenrolle träufle. Sieht ident aus! Die "Schmierprobe" zwischen den Fingerkuppen, sowie ein Geruchstest lässt Schreckliches erahnen! Es handelt sich offensichtlich um die selbe Flüssigkeit! Öl, Diesel und evtl. auch Wasser! Ich werfe den Jockel an und kontrolliere ihn, mit Stirn- und Stablampe bewaffnet, bei laufendem Betrieb auf Undichtigkeiten! Öl/Diesel-Austritt kann ich keinen wirklich drastischen ausmachen, nur ein kleines Tröpfchen einer öligen Flüssigkeit hängt ganz unten am Motor, aber vom Impellergehäuse tropft hie und da ein Tropfen Seewasser in die Motorbilge. Das erklärt den Wasseranteil in der Bilgen-Suppe.

Für mich impliziert das alles, dass ich erstens ein Mini-Leck im Kühlsystem habe (Dichtung am Impellergehäuse?) und, weitaus drastischer, sich das Motoröl nach und nach mit Diesel anreichert, also mehr und mehr wird! Der Überschuss muss dann klarer Weise irgendwo hin und tritt durch irgendwelche Überdrucköffnungen/Überläufe, sofern es sowas gibt, bin ja nicht sehr versiert was Motoren anbelangt, oder im schlechteren Fall, irgendwo anders, wo es definitiv nicht gut für das ganze System ist, aus! Außerdem wird der Motor durch den zunehmenden Dieselanteil im Öl sukzessive schlechter geschmiert, was natürlich auch suboptimal ist. Heilige Schei*** Ich sacke zusammen. Nein! Nicht auch noch ein Motorproblem! Und schon gar nicht jetzt! Ich will doch morgen, oder allerspätestens am Freitag ablegen!

Ob das irgendwie mit dem Tausch einer Einspritzdüse, durch den Vorbesitzer, die im Zuge der Besichtigung stattgefunden hat, zusammen hängt? Die neue Düse hatte er "im Herbst bestellt", wollte er "eigentlich im Frühjahr machen"; und er "wollte das Boot ja eigentlich gar nicht nicht hergeben", deswegen hat er "auch eine 2. Ersatzdüse besorgt" ... sind es die Einspritzdüsen, die der liebe Herr Vorbesitzer, der sich als KFZ Mechaniker ausgab, am Besichtigungstag so mir nix dir nix, in wohl gespielt seemännisch-heroischer Art erneuert hat? Ich hätte den lieben Herrn Vorbesitzer jetzt gerne hier, um ihm einige ernste Fragen zu stellen!

Am Nachmittag muss ich ohnehin zu Luca, um den Ölfilter, welchen ich letzte Woche bestellt habe, abzuholen und frage ihn um Rat! Er sieht mir an, wie geknickt ich bin und zückt sofort das Telefon. Mein kroatischer Freund spricht mit einigen verschiedenen Leuten, kann aber keinen Mechaniker auftreiben, der mir so kurzfristig helfen kann. Ich müsste das Problem ja heute oder allerspätestens morgen behoben haben, damit ich gen Biograd ablegen kann.

Gesenkten Hauptes verlasse ich den Nautic-Shop und hole mir zur Beruhigung ein Karlovacko, bevor ich zurück zu Tina fahre! Was für ein Rückschlag! Ich werde meine Pläne, mit Tina nach Biograd zur FB2 Ausbildung zu fahren, wohl über den Haufen schmeißen müssen. Eigentlich wollte ich morgen ablegen! Der Liegeplatz in Biograd wäre reserviert. Freitags auszulaufen, wäre auch noch eine Option. Aber selbst das erscheint im Moment als illusorisch! Sofern meine Vermutung stimmt und die Ursache auch behoben werden kann, muss zumindest auch das mit Diesel verseuchte Öl raus und ein neuer Ölfilter rein, wenn der Motor nicht sogar mehrmals mit Frischöl gespült werden muss. Das dauert! Nun bin ich am bisherigen Tiefpunkt meiner Eigner-Karriere angelangt. So ziemlich alles hinterfragend greife ich in die Kühlbox und setze mich bei einem der gestern erworbenen Biere in den Salon.

17:00 Uhr: Ich bin am putzen - lang konnte ich nicht sitzen - musste mich irgendwie ablenken, da klingelt das Telefon. Luca ist dran und teilt mir aufgeregt mit, dass er nun doch jemanden gefunden hat, der morgen ein Auge auf meinen Motor werfen kann! Luca! Spezi! Wie kann ich das jemals gut machen!? Sein Freund ist angeblich "ein super Junge" und hat viel Erfahrung mit diesem Motor. "Hatte das selbe Modell auch in seinem eigenen Boot". Morgen um 10 Uhr soll er da sein! Wahnsinn! Was für eine überraschende Wende! Ich sah mich schon, auf dem Ausbildungsschiff sitzend, zu überlegen, was das Problem sein und wie ich es in den Griff bekommen könnte. So wird mir morgen zumindest jemand, der sich offensichtlich auskennt, eine Diagnose stellen! Danke Luca! Und Danke schon mal an den mir noch unbekannten Freund von Luka, der morgen kurzfristig auf das räudige Boot des depperten Österreichers kommt, um dem Neo-Kapitän aus der Patsche zu helfen! Danke! Danke! Danke!

19.3.2019 - Deck-Fix bei 6 Windstärken

01:44 Uhr: Wieder zieht ein Gewitter über uns drüber. Blitze, mit der Sekundenzähl-Methode gemessen, weniger als 1 km entfernt. Es schüttet wie aus Kübeln. Ich beschließe, doch nicht in der Dinette zu übernachten, da sich der Tisch nicht absenken lässt. Der Vorbesitzer hat ihn durch eine Schraube gegen das Absenken fixiert! Wieder ein versteckter Defekt!? Dabei habe ich den "sympathischen Herrn" doch extra gefragt, ob alles an Bord auch funktionsfähig ist - wo wir doch recht wenig Zeit für die Besichtigung hatten und ich so nicht alles auf Funktion prüfen konnte. Naja, naiv halt! Etwas missmutig und den Voreigner verteufelnd, schlage ich mein Lager nun doch im Vorschiff auf. Das eintretende Wasser wird seit ein paar Stunden erfolgreich im untersten Teil meines Wurst-/Käse-/Gemüse-Aufbewahrungs-Dings aufgefangen. Auch bei Starkregen, wie wir ihn am Abend hatten, sollte das Behältnis über Nacht nicht überlaufen! Das beruhigt, also schlafe ich gegen 02:00 Uhr ein...

10:00 Uhr: Es hat aufgehört zu regnen. Ich mache mir einen Espresso aus der neuen Maschine, die Petra gesponsert hat. Der ist nun auch schwarz zu trinken! Milch habe ich gestern vergessen zu kaufen! Sowie alles andere für's Frühstück! Depp! Somit fahre ich mit leerem Magen zum Supermarkt und bunkere mal ordentlich ein, bevor ich es mir mit Nutellabroten und 2 weiteren Kaffee - diesmal mit Milch, wie ich es gewohnt bin - im Salon gemütlich mache.
Lange hält es mich nicht im Salon! Es ist zwar sehr windig, jedoch hat der Wind alles aufgetrocknet und die Sonne lacht vom Himmel! Also beschließe ich, - wieder mal so was, was man nie einberechnet hatte - winddicht verpackt, so nebenbei mal sämtliche Schrauben an Deck nachzuziehen und mich dabei auch gleich auf die Suche nach potentiellen Leckagen zu machen. Verdächtige Stellen an den backbordseitigen Relingsstützen dichte ich mit einem SikaFlex Quick-Fix behelfsmäßig ab. Mal sehen, ob das so funktioniert und auch so lange dicht hält, bis ich die generelle Deckssanierung, welche wohl oder übel, demnächst noch nötig sein wird, in Angriff nehme.

Danach berge ich den Spibaum aus seinem unansehnlichen Gefängnis aus wirr über den Relingsdraht und ihn selbst gewickelten, teilweise bereits zerbröselnden Leinchen und montiere ihn sauber an der steuerbord Reling! Ich habe mir angewohnt, über die backbord Seite nach vorn zum Bug zu gehen, so ist das lange Alu-Rohr perfekt aus dem Weg geschafft. Über die Funktion der drei anderen Alu-Rohre, die mit dem Spi wild an die Reling gebunden waren, bin ich mir noch nicht im Klaren! Kann man die brauchen, um irgendwelche Sonnensegel damit "auszubaumen"?! Sicher! Nur jetzt sind sie mir nur im Weg. Ich parke sie zunächst mal im Cockpit. Die Stangen gehen sich der Länge nach, auf den, für Tinas Größe ordentlich langen Sitzduchten, locker aus! Werde sie am Donnerstag am Autodach festbänseln und hier lassen, wenn ich ablege! Möchte halbwegs ordentlich in Biograd einlaufen!

Das "geschickte, fix installierte" Landstromkabel, welches der Vorbesitzer chaotisch über die steuerbordseitige Reling gewickelt, zum Bug geführt hatte, und welches er laut eigener Aussage, auch beim Segeln, sofern er das jemals getan hat - ich bezweifle seine Geschichten so langsam, nicht demontiert hatte, habe ICH nun demontiert! Alter, wie schaut das denn aus, so herumzufahren!? Nicht mal in der Marina möchte ich, dass mein Boot so "hingepfuscht" dasteht! So "g'schickt" es auch sein mag!

Abends fahre ich, auf der Suche nach Foto-Motiven und einem bereits geöffneten Restaurant, eine Runde durchs, per Auto, in nicht mal einer Zigarettenlänge erreichbare Tisno. Fotos kann ich keine berauschenden schießen. Auch lande ich dann doch wieder in jenem Restaurant, in dem ich auch schon mit Wolfi war. Esse wieder günstig und gut! Eine riesen Portion Cevapcici mit Ajvar und Pommes, sowie einem großen Bier um 83 Kuna. Rund 11,20 Euro! Das passt! Hoff, das wird hier auch in der Hauptsaison nicht wesentlich teurer!

Zurück auf Tina, bin ich, angesichts der unruhigen Vornacht, recht müde und eigentlich nicht mehr dazu aufgelegt, die geplante Durchforstung des Sammelsuriums an Uralt-Seekarten und Beschreibungen von technischen Geräten, die unter Umständen schon vor 20 Jahren demontiert wurden, oder zwar noch irgendwo verbaut sind, jedoch nicht mehr funktionsfähig sind, in Angriff zu nehmen. Ich beschließe nur noch ein wenig Logbuch zu schreiben und mich dann zeitig in die Koje zu hauen.

18.3.2019 - Back to Bora-Land


Nachdem ich das Wochenende mit div. Feierlichkeiten anlässlich meines Geburtstags und Vorbereitungen für die kommenden 3 Wochen in Kroatien verbracht habe, fahre ich wieder zu Tina! Ich mache noch einen Umweg via Wr. Neustadt, um neue Segelstiefel zu checken und sehe mich 400 km weiter südlich mit einem verspäteten Wintereinbruch konfrontiert! Ich steuere, zwangsläufig, direkt in einen Schneesturm, den uns die Front, die eben über die nördliche Adria zieht, beschert. Wohl ein letztes Aufbäumen des Winters! Hoffen wir's! Schön langsam ist wohl niemand mehr auf die winterliche Pracht neugierig! Auf der Matsch-Fahrbahn, die sich vor mir ausbreitet, kann ich teilweise gerade mal 80 km/h fahren!

Und wenn sich der Matsch mal in Wasser verwandelt, diese blöde Gischt! Ungut! Als ich Sveti Rok passiere und durch den Tunnel steche, breitet sich vor mir eine andere Welt aus! Zwar hängen Dunstschleier nördlich des Tunnelausgangs, jedoch gegen Süden geblickt, lässt sich schon erahnen, was mich 70 km weiter weg vom kalten Norden und 300 Höhenmeter tiefer, am Liegeplatz von Tina erwartet.

17 °C und Sonnenschein! Zwar weht ein leichtes Lüftchen, aber es ist herrlich! Ich beschließe, lediglich die obligatorischen Arbeiten, wie Landstrom auslegen und Gangway ausbringen, durchzuführen und sofort mit der Reparatur der Relingsstütze zu beginnen. Es ist Schlechtwetter angesagt! So trocken wird das Deck womöglich die ganze Woche nicht mehr sein und am Donnerstag möchte ich mit einem intakten Schiff gen Biograd ablegen!  Der neue Relingsstützenfuß passt und die Montage gestaltet sich recht einfach! Ich muss lediglich ein weiteres Loch durchs Deck bohren (für den neuen Fuß sind, anstatt einer M8 Schraube nun zwei M6 Schrauben vorgesehen, die ihn an Deck halten sollen), die beiden neuen Schrauben gut mit SikaFlex abdichten und von der Vorschiffskoje aus, mit entsprechend dimensionierten Beilagscheiben versehen, gut festziehen! Die Relingsstütze kann ich einsetzen, ohne die Relingsdrähte aushängen zu müssen! Geht knapp, aber geht! Sitzt sehr gut! Die Stütze steht jetzt zwar ein paar Grad weiter nach außen, aber wenn man es nicht weiß, fällts wohl auch nicht auf! Trotzdem werde ich den backbordseitig gegenüber liegenden Relingsstützenfuß auch austauschen! Ein genauerer Check zeigte, dass dieser etwas wackelt und die schon zu bröseln beginnende Dichtmasse darunter, nun wohl auch ihren Dienst nicht mehr wirklich verrichtet. Eine mögliche Ursache für den Mini-Wasserschaden über der Dinette!? Der Fuß wird auf jeden Fall ausgetauscht! Dann sieht Tina auch wieder symmetrischer aus!

20:00 Uhr: Das Schlechtwetter ist da! Immer wieder erstaunlich, wie schnell das hier geht! Am Nachmittag war es mir noch vergönnt, in kurzen Ärmeln an Deck zu arbeiten und jetzt läuft auch schon wieder die Heizung! Die Bora ist da und bläst in Böen mit 8 Windstärken gegen Tinas, zwar sehr kesses, aber auch recht breites Hinterteil, welches obendrein der Mitte des "Hafenbeckens" zugewandt und somit auch entsprechendem Schwell ausgesetzt ist! Deja vu - Tina stampft, wild an den Muringleinen zerrend! Wieder sind sie da, diese Faustschläge gegen ihr Heck, die ich noch von meinem letzten Aufenthalt hier kenne! Es soll noch heftiger werden und bis inklusive Mittwoch Morgen (heue ist Montag) immer wieder regnen. Gegen Mittwoch Abend soll sich der Wind dann auch wieder beruhigen! Hoffen wir's! Am Donnerstag, bei meiner allerersten Einhand-Fahrt, hätte ich dann doch lieber etwas ruhigeres Wetter!

20:40 Uhr: Als es wieder mal bei der Salon-Luke reintropft, beschließe ich mich auf die Suche nach dem Drecks... *ähm* Decks-Leck im Vorschiff zu machen! Es war ja klar! So wie es jetzt schüttet, stehen natürlich schon wieder die ersten Tropfen auf der offenen Ablage, gleich beim backbord seitigen Vorschiff-Fenster, welches ich eigentlich als Ursache des "Wassereinbruchs" vermutet hatte. Doch dieses ist an sich trocken! Ich beschließe, im Kampf gegen das Wasser von oben, mittlerweile ja gewisse Kollateralschäden in Kauf zu nehmen! So zücke ich Mr. Stanley und schneide die Innenverkleidung (eine Art Teppich) über der Ablage, direkt unter den Schrauben, die das Deck am Rumpf halten sollen, mit einem, wohl einem Chirurgen würdigen Schnitt, auf. Siehe da! Es tropft nicht! Es rinnt! Genau von den Decks-Schrauben, unter denen ich den Schnitt angesetzt hatte! Glück?! Keine Ahnung. Wahrscheinlich kriegt man mit der Zeit auch einen gewissen "Riecher" für die Macken seines Bootes?! Wie auch immer .... Die nasse Ablage wird trockengelegt und die aufgeschnittene Verkleidung ausgespreizt, sodass, das über die Decks-Schrauben eintretende Wasser direkt in ein darunter platziertes Plastik-Gefäß tropfen kann. So kann ich heute - was das anbelangt - mal besser schlafen! Sobald der Regen aufgehört hat, werde ich die potentiellen Übeltäter an Schrauben frisch abdichten und hoffe, dass es das dann war! Die steuerbordseitig eben erst eingeklebten Schrauben halten dicht! Das lässt hoffen, dass dann backbordseitig ebenfalls Ruhe ist!

Diese Aktion beschäftigt mich derart, dass mir gar nicht auffällt, dass der neue Heizlüfter, auf dessen Anschaffung als absolutes Schnäppchen, ich doch so stolz war, seinen Dienst quittiert hat! Autsch! Ich prüfe sofort, ob das 220V Bordnetz in Ordnung ist - nicht, dass ich nun auch noch Wassereintritt in einer der Strom-Kupplungen zwischen Tinas 220V-Hauptanschluss im Cockpit und der Landstrombuchse draußen am Steg habe. Alles soweit OK! Scheint wirklich so zu sein, dass, wer billig kauft, oft teuer kauft! Weil mehrmals! Ich krame den alten Heizlüfter hervor! Gut, dass ich den noch aufgehoben habe! Mal sehen, ob der Neue wieder anspringt, sobald er ausgekühlt ist! Das alte Heizgerät, welches, wie Tina, aus den 80ern des vorigen Jahrhunderts sein dürfte, darf ich aber auf keinen Fall ausschalten, sobald es mal warm ist. Das habe ich vor ein paar Wochen schon gelernt! So lange hat das neue 30-Euro Gerät gehalten! Ich hatte es ja damals angeschafft, als der Alte die Ausfälle hatte und ich so eine recht kühle Februar-Nacht an Bord von Tina verbringen durfte! Also hoffe ich, dass der 80er-Jahre Lüfter heute Nacht druchhält und ich morgen irgendwo einen neuen Neuen bekomme! Wahrscheinlich muss ich dafür ohnehin auf's Festland! Hier auf der Insel, wenn sie auch nur durch einen 20 Meter breiten Kanal davon getrennt ist, gibt es wenige "Spezialgeschäfte".

23:34 Uhr: Es schüttet zwar nicht mehr, aber der Wind lässt, wie progrostiziert, leider nicht nach! Ich denke, ich gebe das Vorhaben auf, in der zwar knochentrockenen (mehrmals kontrolliert), jedoch, durch das wild gegen das Heck platschende Hafenwasser, recht lauten Heckkoje zu schlafen. Schätze, ich werde den Dinette-Tisch mittschiffs absenken und mir dort ein Doppelbett machen. Hier sollte es in diesem schwimmenden "Tagada" am "ruhigsten" sein. Und trocken bleiben! Gute Nacht Welt!

14.3.2019 - Goin' home for birthday

Mein allererster Geburtstagsmorgen auf meinem eigenen Schiff beginnt mit 800 ml French-Press und einer netten Vertragsübergabe im Marina-Büro! Liegeplatz ist also bis 2020 gecheckt! Danach packe ich zusammen und brause in Rekordzeit nach Hause. 6 h 58 min, obwohl ich im Linzer Nachmittagsverkehr 10 Minuten liegen lasse! Um diese Jahreszeit ist es eine wahre Freude diese Strecke zu fahren! Ich freue mich auf ein paar Tage zu Hause, bevor es für fast 3 Wochen wieder hierher geht!

13.3.2019 - Der neue Dinghy-Motor ist da

Heute gehe ich es langsam an. Meine Erkältung macht mir zu schaffen. Bin letzte Nacht einige Male wach geworden, da ich keine Luft bekommen habe. Nase verstopft! Nach einem guten Frühstück befreie ich das Dinghy aus seinem Sturm-Dock seitlich an Tina und wuchte es an Deck. Hier werde ich es festzurren, wenn ich Tina morgen verlasse. Ich öle nochmals das gesamte Teak am Schiff und setze die neue Nationale (Österreich Flagge) am nun repräsentativ, in schönem dunkelbraun glänzenden Flaggenstock! Danach poliere ich den Flugrost von den Chrom-/Niro-Teilen an Deck. Schaut gleich ansehnlicher aus! Ich versetze den alten Tomos Außenborder an den Hilfsspiegel an der Badeplattform um Platz für den neuen Yamaha zu machen, welchen ich heute um 15 Uhr bei Luca entgegennehmen darf! Er hat mich am VM angerufen um mir Ort und Übergabezeit mitzuteilen! Super Typ! Ich hoffe der Motor hält was er verspricht! Trotz Erkältung wieder einiges geschehen! Aber das Traum-Wetter heute musste ausgenutzt werden! Nach der Bora ist es nun wieder überraschend mild! T-Shirt Wetter!

Ich bestelle online eine neue Außenborderhalterung in edlem Teak für den Heckkorb. Die alte schaut sehr marod aus. Da ich schon dabei bin, ordere ich auch gleich die Ocean Signal EPIRB1 mit! MMSI und CallSign hat mir der freundliche Herr von der Fernmeldebehörde ja schon genannt, also kann ich auch gleich das Datenblatt für die Erstprogrammierung ausfüllen und hin schicken! Passt! Die 500 Euro für die EPIRB wollte ich mir eigentlich vorerst sparen, aber so geht die Anmeldung gleich in einem mit der Funkanmeldung und außerdem is so ein satellitengestützter Seenotsender für ein in Österreich geflaggtes Schiff, welches wie Tina für den Fahrbereich 3 (200 NM von der Küste) zugelassen ist, auch Pflicht! Auch ein gutes Gefühl zu wissen, dass, egal was kommt, binnen ein paar Minuten nach der Aktivierung der EPIRB, der Alarm, mit meinen Daten und meiner Position, an die zu meinem Unfallort nächstgelegenen Rettungskräfte und alle Schiffe im Umkreis geht!  Zumindest in der Adria sollte ich so maximal 2 Stunden auf Hilfe warten müssen! Eher weniger, da ich ja großteils ohnehin in Küstennähe unterwegs sein werde.

15:00 Uhr: Ich stehe am vereinbarten Ort in Tisno, da fällt mir ein, dass ich ja gar keine Mobil-Nummer von Luca habe! Depp! So rufe ich im Nautic-Shop an und bitte Lucas freundlichen Kollegen, er möge ihm meine Position durchgeben! Kurz darauf klingelt auch schon das Telefon und Luca winkt vom Balkon direkt über mir und dem Mini-Markt, wo er mich hinbestellt hat! Er bittet mich in den Hinterhof, wo er mich, mit seinem kleinen Sohn im Arm, überaus freundlich begrüßt! Den Yamaha Motor hat er im Kofferraum seines Autos. Schaut super aus! Hat angeblich die letzten Jahre bei seinem Freund in der Garage gestanden - und so sieht er auch aus! Sein Freund dürfte Hobby-Tischler sein, dem Sägemehl nach zu urteilen. Er meint noch, dass das auch ein super Motor für seinen Papa gewesen wäre. Ich drücke ihm 200 Kuna Vermittlungslohn in die Hand, womit er offensichtlich nicht gerechnet hat und sich daraufhin sehr herzlich bedankt! Wer da wem zu danken hat! Wir tratschen ein wenig und es stellt sich heraus, dass er einen kleinen Motorboot-Charterbetrieb und Appartments am Laufen hat! Ich biete ihm an, ein wenig Werbung zu Hause in Österreich zu machen und bekomme einen Stapel Prospekte ausgehändigt! Luca weist mich und meine Karre noch aus der engen Einfahrt seines Hinterhofs und winkt zum Abschied mit seinem 2jährigen Sohn auf dem Arm! Sehr sympathisch! Obendrein gut, jemand nautisch versierten, der hier sicherlich auch allerhand Connections hat, getroffen zu haben!

Hochmotiviert fahre ich zurück in die Marina, wo ich den überaus leichten Yamaha über Tinas Deck zurück zum Heckkorb schleppe. Dort stecke ich ihn in die marode Halterung! Passt! Besser gegangen, als gedacht! Trotzdem! Da muss eine ordentliche Halterung her! Den alten Außenborder lasse ich noch am Hilfsspiegel an der Badeplattform. Den will ich erst morgen früh, kurz vor der Abfahrt ins Auto verfrachten - nicht, dass mir der die Karre verstinkt! Jetzt, wo ich mich intensiver mit Tinas Heck beschäftige, fallen mir auch die vielen zersetzten, wild an Tinas Heckkorb gewickelten Leinchen auf! Wozu die mal gedacht waren? Scheuerschutz? Wenn, dann gegen Schamfilen irgend einer alten Installation, denn da gibt's eigentlich nix zum Scheuern?! Ich befreie Tina von den, fast nach Bondage-Kunst aussehenden Schnürungen. Ja! Besser! Schaut ordentlicher aus! Falls es sich herausstellen sollte, dass die Umwicklungen doch irgendeinen Sinn gehabt haben, werde ich sie neu machen - mit frischen, schönen Leinen!

17:20 Uhr: Es beginnt zu regnen! Bin schon vor 20 Minuten nach drinnen gegangen, da es merklich kühler wurde! Kacke! Das zum Abschluß dieses überaus produktiven und erfolgreichen Tages? Naja, mal ein Bier aufmachen, bevor ich die 30 Meter zu den Duschen schlendere (Anm: ich hoffe von Tag zu Tag mehr, dass mir der Liegeplatz bleibt!). Ich schreibe Logbuch und bemerke, dass meine "Einträge" schon richtige "Artikel" sind. Soll ich, wie vorgehabt, den Blog starten? Interessiert das - in diesem Detaillierungsgrad - überhaupt jemanden!?

20:19 Uhr: Der Rückblick ist online ….. eigentlich ganz einfach

12.3.2019 - Marina Life

Gegen 05:00 Uhr erwache ich mit dem Gefühl, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Ich stecke den Kopf durchs Vorschiffsluk und tatsächlich: Die Gangway hängt schief am Fingersteg, nur durch die Sicherungsleine, die ich am Abend noch gelegt hatte, vom Sturz ins Hafenbecken bewahrt! Ich husche in Joggingshosen und T-Shirt an Deck und richte das Ganze wieder! Gut, dass es wenigstens aufgehört hat zu regnen! So brauche ich mir wenigstens über einen potentiellen Wassereinbruch keine Sorgen zu machen. Entspannt schlafe ich nochmals ein.

07:30 Uhr: Ich erwache und siehe da! Annähernd windstill! So kann ich den neu angeschafften Wasserkessel sowie die French-Press "Kaffeemaschine" testen. Meine alte Nespresso Maschine funktioniert wider Erwarten nicht - umsonst Kapseln gebunkert, ich Depp - und die Hofer-Kapselmaschine, die ich mit Tina mit übernommen hatte, habe ich letzte Woche in den Müll geschmissen. Der Gestank nach verschmorten Kabeln war echt ätzend! Die 800 ml French-Press auf nüchternen Magen, richten mich entsprechend auf und so starte ich, trotz leichtem Kopfweh - wohl wieder zu wenig Wasser (!) getrunken - hochmotiviert in den Tag und nehme gleich mal die Liegeplatzverlängerung in Angriff. Die Damen an der Rezeption sind sehr freundlich und zuvorkommend. Es ist zwar noch nicht sicher, ob ich den Platz Nr. 1 - mMn der Beste der Marina - behalten kann, aber Tinas Heimathafen ist nun zumindest für ein weiteres Jahr gesichert. Ich hatte zwar zwischenzeitlich mit dem Gedanken gespielt, Tina gegen Ende meiner Auszeit - dazu werde ich auch noch ausführlicher schreiben - irgendwo in Norditalien abzustellen - 250 km und 2,5 Stunden weniger Anfahrt wären schon ein Argument - habe mich letztendlich dann doch entschlossen mit Tina hier zu bleiben. Die erste Ausfahrt letzten Sonntag hat gezeigt, dass Tina und ich noch nicht fit sind, um so eine weite Strecke zu segeln! Da bricht einfach so ein Relingsstützenfuß! Materialermüdung! Klar! Ist das Zeug doch 35 Jahre alt! Nicht auszudenken, wenn ein Want oder Stag bricht! OK, gleich fällt der Mast nicht um, aber so eine Kacke möchte ich nicht weit entfernt von der Heimatmarina erfahren. Und dann ist da noch der Motor. Volvo Pentas sind zwar angeblich unverwüstlich; trotzdem hätte ich auch gerne mal eine Saison lang Vertrauen in ihn gewonnen. Das Ding ist ja doch 35 Jahre alt! Ich werde also mal 1 Saison hier bleiben, mich mit Tina zusammenraufen, sie dem einen oder anderen Härtetest unterziehen, weiter optimieren, von hier aus Törns fahren - weder die Süddalmatinischen Inseln, noch die Kornaten sind mehr als 1-2 Tagesschläge entfernt - und so Vertrauen ins Schiff und meine Fähigkeiten als Schiffsführer gewinnen.

Nach den erfolgreichen Verhandlungen mit den Mädels von der Rezeption stürze ich mich auf die Pinne. Da mir für die Montage ein paar Schrauben fehlen, suche ich den Nautic-Shop in Murter auf. Luca ist leider erst am Nachmittag im Dienst, so kaufe ich nur die Schrauben und beschließe am Nachmittag nochmals hin zu fahren um nach dem Dinghy-Motor zu fragen. Das neu angefertigte Eichenholz-Teil wird anstelle der maroden Schrott-Pinne angebaut und die Pinnenpilot Aufnahne eingebohrt. Irgendwie bin ich stolz auf mich! Lange keine Tischlerarbeiten mehr gemacht. Die Investition von 50 Euro in das Multitool (Schleifen, Sägen) von Einhell war auch eine gute! Zumindest sägen funktioniert wunderbar präzise und easy. Da ich noch Zeit habe, bis Luca erreichbar ist, demontiere ich den alten Rettungsring-Halter vom Heckkorb und ersetze ihn durch das zeitgemäße Life-Sling System! Schön langsam schaut Tinas Heck auch wieder halbwegs aufgeräumt aus. Die Leinenrolle werde ich vermutlich entfernen! Ich wüsste nicht, wofür ich so eine dünne Leine, die noch dazu bereits zu zerbröseln beginnt, brauchen könnte! Ein Gurtbandroller wäre sinnvoller! So einem Gurtband würde ich als Land- oder Heckanker-Leine vollends vertrauen! Aber nicht diesem Schmarrn! Oft frage ich mich schon, was sich die Vorbesitzer bei ihren "Optimierungen" so gedacht haben!?

14:30 Nachdem ich mir noch eine halbe Kanne French-Press in die Birne gejagt habe, fahre ich nochmals zum Nautic-Shop. Ich übergebe Luca die 300 Euros für den Motor und vereinbare die Übergabe für morgen, oder nächsten Mittwoch, wenn ich wieder hier sein werde. Das ist dann aber auch der allerspäteste Termin! Am Donnerstag werde ich auslaufen und für fast 3 Wochen nicht mehr hierhier zurückkommen! Ich bestelle für nächste Woche auch gleich einen Ölfilter und reserviere mir 5 Liter 10W/40 für den anstehenden Ölwechsel, welchen ich dann in aller Ruhe machen werde, nachdem ich von Biograd zurück bin. Nach dem netten und erfolgreichen Nautic-Shop Besuch bin ich motiviert, die Gegend zu erkunden. Der Wind hat im Laufe des Tages wieder ordentlich zugelegt. In Tinas Cockpit, auf welches um diese Tageszeit schon leichter Schatten fällt, ist es ohnehin Arsch kalt. In der Sonne ist es besser! Also schlendere ich durch die Marina und beginne mehr denn ja zu hoffen, dass ich meinen Platz behalten kann! Direkt vor der Rezeption. 30 Meter zu den Sanitätanlagen. Parkplatz direkt vorm Boot. Dahinter Pool und Restaurant! Genial! Am Steg A, eine gefühlte Meile vom Zentrum des Geschehens, möchte ich keinesfalls mit Tina liegen! Diese Klappräder, mit welchen die Jungs von den äußeren Stegen zum Ka**en fahren, sind zwar irgendwie cool, aber hey!? Bleibt also zu hoffen, dass mir der "Chef", wie ihn die Damen von der Rezeption nennen, der so früh noch nicht anwesend war und anscheinend für die Vergabe der Plätze verantwortlich ist, auch so freundlich entgegenkommt, wie alle anderen Menschen hier und mir den Platz weiterhin überlässt.

17:00 Uhr: Zurück auf Tina mache ich mir ein Bier auf und schreibe Logbuch! Unter Tags, als die Sonne auf Tinas Deck schien, war es angenehm warm in ihrem Bauch, obwohl noch die eine oder andere Bö durch den Niedergang hereinbrach. Jetzt steht die Sonne tiefer und so ist es schon merklich kühler hier drin. Auf "meinem" Platz in der Dinette sitzend greife ich unter das Einstiegsdreieck der Vorschiffskoje, hole mit einer Hand meinen Heizstrahler hervor und aktiviere ihn auf Stufe 1. Irgendwie echt lässig so ein kleines Boot. Der Weg zum Bier ist ebenso kurz. Ein Schritt. Über die Pantry gebeugt und schon kann das Hopfenblütengetränk aus den Tiefen der, für diese Schiffsgröße überaus großen Kühlbox geborgen werden. Deckel drauf - Bier soll ja schön kalt bleiben - Gewicht nach hinten verlagern. Mit dem Hinterteil Sitzbank wieder anvisieren und zack.... back in business! :)
Eigentlich wollte ich abends essen gehen. Wieder mal unter Leute! Aber irgendwie freut es mich nicht. Es ist so gemütlich hier drin in Tinas Salon. Hier habe ich alles was ich brauche. Soll ich was kochen? Die Zwiebeln vom letzten Mal, scheinen überraschender Weise noch OK zu sein. Schinken hätte ich frisch gekauft. Coucous und Gewürze wären auch da - ich habe ja letzte Woche schon diverse Grundzutaten gebunkert! So gibt es Couscous à la Jezera. Lecker! Und gar nicht aufwendig! Mittlerweile ist der Wind ganz eingeschlafen! Nach den letzten 24 Stunden wirkt diese Ruhe fast gespenstisch! Als wenn Mutter Natur nur einmal kurz Luft holen würde, um zum uns dann erneut eine ordentliche Gnackwatschn von Bora zu bescheren! Aber diesmal sollte es ruhig bleiben. Die Wetterdienste waren sich alle einig, dass sie kommt. Auch über das Wann! Und nun ist sie vorbei - genauso wie prognostiziert! Ja, 3 Tage im Voraus haben sie die Weatherforecast schon einigermaßen in Griff! Super!

11.3.2019 - Der Sturm

Ich lege gegen 7:15 Uhr per Bürgerkäfig von Zuhause ab. Da ich noch kurz bei meiner Bank in Schrems vorbei schaue (möchte d.W. die Liegeplatzgebühr für das nächste Jahr bezahlen) entschließe ich mich gleich über Wien zu fahren. Falsche Entscheidung! Kaum auf die Stockerauer Autobahn aufgefahren, finde ich mich im Montag-Morgen-Wahnsinn wieder! Depp! Ich sollte es doch wissen! Ich nehme gleich die nächste Ausfahrt und fahre zurück nach Tulln, von wo ich querfeldein in Richtung Allander Autobahn fahre, von wo ich dann ungehindert gen Süden zischen kann. Zeitverlust 45 Minuten! Das fängt ja gut an! Der Rest der Fahrt verläuft dann, abgesehen von Schneeregen und Matschfahrbahn, aber ohne besondere Vorkommnisse! Obwohl ich mit der "Kirche ums Kreuz" gefahren bin, komme ich nach nur 8:00 Stunden Fahrtzeit in Jezera an! Das geht! In Jezera erwarten mich, nach der winterlichen Anfahrt kaum zu glauben, lauschige 17 °C und Sonnenschein! Ich packe aus, richte mich ein und mache es mir mit einem der letzten Stiegl-Bier im Cockpit gemütich!

1 Zigarettenlänge später frischt es auch schon auf! Am Himmel türmen sich von NO her dunkle, bedrohlich wirkende Wolken auf! Sie kommt! Die Bora! Ich verfrachte das Dinghy von der Badeplattform in das noch(!) türkisgrüne Wasser des Hafenbeckens und mache es seitlich an Tina fest! Gut, dass neben uns kein anderes Schiff liegt. Wir haben Platz Nr. 1. In der seichtesten Ecke des Hafens! Tina, mit ihrem Tiefgang von lediglich 1,4 Metern kann damit gut umgehen! Hier liegen wir gut! Direkt vor der Rezeption und den, im letzten Winter neugestalteten Sanitäranlagen. Zwar haben wir hier ab und an etwas Schwell von den vorbeifahrenden Fischebooten, aber besser geht's fast gar nicht! So sichere ich das Dinghy, auf dass es uns keinen zusätzlichen Winddruck aufhalst, neben Tina und schlage eine Extra-Leine auf das, auf den Baum gepackte Großsegel! So festgezurrt, sollten keine Bö dem Tuch was anhaben können! Anm. So ein "Lazy-Bag", wie es die Segel-Cracks hier im Hafen haben. Das wärs! So wäre Tinas "Groß"segel, das eigentlich nicht mal die Hälfte der riesigen Genua misst, sicher am Baum verstaut und weder UV-Strahlung noch Starkwind könnten das alte, aber wertvolle Tuch schädigen!!

Das Handy klingelt und ein sehr netter Herr von der Fernmeldebehörde teilt mir mit, dass mein Antrag für eine Seefunkstelle in Bearbeitung ist. Ich bekomme auch gleich mein Call-Sign und meine MMSI genannt.
SY TINA
Call Sign: OEX 8569 (angelehnt an Tinas Registrierungs-Nr: N-28569 - DANKE!)
MMSI: 203477200

Zurück an Deck starte ich den Diesel und lege im Standgas den Rückwärtsgang ein. So zieht der Jockel Tina nach hinten und ich kann die Vorleinen etwas fieren (nachgeben/verlängern). Danach spanne ich die Muringleinen, die Tinas Heck weg von der Pier ziehen, und nun lose hängen, mit aller Kraft nach. Auf seemännisch: ich hole sie dicht! Motor aus! Kontrolle! Passt! Tina liegt nun 1 Meter weiter von der Pier weg und ist borasicher gemacht! Dann fängt es auch schon an zu tröpfeln und mit einem Schlag ist der Wind da! Zuerst noch moderat, steigert er sich binnen einer halben Stunde auf, auf diesem Schiff bedrohlich wirkende 30 Knoten! Das drückt ordentlich gegen den breiten Arsch, der nur 28 Fuß langen Tina! Sind die Murings gut belegt? Check! Sollten passen! Trotzdem ein ungutes Gefühl! Sie wiegt sich hin und her und stampft wild im Hafenbecken. Von draußen platscht das Wasser gegen die Bordwand! Man könnte glauben, es ist Wasser im Schiffsinneren, das so erbärmlich gluckst! Unangenehm! Ungewohnt! Es beginnt zu schütten! Der Wind legt nochmals zu! In Böen haben wir nun sicher an die 50 Knoten! Leider habe ich keine fix installierte Windmess-Anlage und bin zu Faul, mit meinem ohnehin irgendwelche Fantasiewerte ausspuckenden Handwindmesser - ein Werbegeschenk - raus zu gehen! Damals in Primosten, als ich am Masttop unserer Sun Odyssey 44, 48 Knoten in der Marina gemessen habe - damals hatte es bei einem Schiff eine Klampe (Für Nicht-Nautiker: Ein Metallding, an welches die Leinen, welche das Schiff am Land sichern, angemacht werden) ausgerissen; ganze 8 Mann waren nötig, um die Situation zu beruhigen - war das gefühlt nicht weniger! Gut, vielleicht hat damals die 44 Fuß Yacht einiges "abgefangen". Nun befinde ich mich auf 28 Fuß! Klar, dass sich das hier nun alles gleich mal ärger anfühlt! Es beginnt beim Salon-Luk reinzutropfen! Gut, jetzt weiß ich wenigstens, dass der Wasserschaden am Holz darunter, kein alter Schaden ist, sondern auch das neue Luk undicht ist! Auf die Todo-List!!!!!! Ansonsten scheint Tina dicht zu sein! Auch die nur temporär eingeklebte Schraube des Relingsfußes, ist dicht! Super! So tropft es mir heute Nacht auch nicht auf den Kopf!

Ich mache mir Sorgen um die Gangway, die am Bug von Tina festgemacht ist und fleißig mit "schwoit". Ja, man kann fast von schwoien sprechen, so wie es Tina hin und her beutelt! Wir haben hier keinen Nachbarn in Lee (= der windabgewandten Seite), also kann sich das Schiff nirgendwo anlehnen und hängt lediglich in der heckseitig ausgelegten Luv-Muring (Luv = dem Wind zugewandt). Die Gangway (Brücke, über die man an Bord kommt) ist also fix an Tina "montiert" und liegt frei auf einem Finger des Stegs auf! Was, wenn Tina derart hin und her geht, dass die Gangway vom Fingersteg rutscht? Ich bin verunsichert. Ich will einen Schaden unbedingt vermeiden, steige ins Ölzeug - mittlerweile schüttet es wie aus Kübeln - und anschließend mit Stirnlampe bewaffnet an Deck. Das lässt mir einfach keine Ruhe! Draußen angekommen, beobachte ich einige Momente die Lage und enschließe mich die Gangway "lose" am Steg zu sichern. So lose, dass sie mit den Schiffsbewegungen mit "gehen" kann, aber auch so sicher, dass sie nicht vom nur 1 m breiten Fingersteg rutschen kann (der Bug wandert 1-1,5 Meter hin und her).

Tropfnass komme ich zurück in den wohlig warmen Bauch von Tina. Das mit der Gangway sollte mir nun keine Sorgen mehr machen! Ich hänge mein Ölzeug gleich beim Niedergang auf, damit der Weg des H2O recht kurz ist. Hier drunter gehts runter in die tiefen Abgründe von Tinas Bilge - Gott weiß welch Bilgenschwein da wohl wohnt. Während ich mich freue, dass mein Ölzeug, wohl auch dank meines Heizstrahlers, überraschend schnell trocknet, frischt der Wind weiter auf! Draußen knarzen Tinas Leinen an den Klampen! Ein hässliches Geräusch! Es knackt! Es gluckst! Schlecht durchgesetzte Falle von Nachbarschiffen schlagen gegen deren Masten! Der Wind pfeift durch 1000 Wanten und Stage! Ungut! Dann wieder ein Schlag gegen Tinas Heck! Oder kam der von vorn? Im Bauch von Tina kann man nicht abschätzen, ob nun eine Muring gerissen ist und demzufolge der Bug gegen die Pier kracht, oder die Vorleinen lose gworden sind und Tina nun weiß Gott was tut - sich womöglich das Ankergeschirr an der Pier abgestoßen hat. Ungut! Als Charterer war ich in ählicher Situation definitiv entspannter!

20:45 Uhr: Jetzt kommt eine Wetterwarnung via Funk! Nett, dass ihr mich informiert, aber ich weiß eigentlich schon bescheid!
"local gusts NE 35-70 ..... sea locally rough and also local thunderstorms
synopsis: cold front over adriatic shifting eastwards"
Danke für die Bestätigung, so fühlt es sich in etwa an! Ah ja ... das mit den "thunderstorms" kann ich bestägigen! Durfte einen Blitz und 3 nicht mal Sekunden darauf einen ordentlichen Donner miterleben, als ich nach der Aktion mit der Gangway über Tinas Deck zurück ins Cockpit schlich! Gut, dass Tinas Mast hier in der Marina zu den kleinsten zählt! Yess!!!!

22:03 Uhr: Ich wills nicht verschreien, aber die Lage hat sich etwas beruhigt! Es ist nun schon fast angenehm hier drin in Tinas Salon. Zwar wiegt es uns hin und her und das aufgewühlte Wasser des Hafenbeckens platscht gegen Tinas Rumpf, aber das Stampfen hat aufgehört. Auch das dämonische Singen des Windes in den Wanten der 150 Boote, die hier liegen! Fast wie im Takt kommen noch mäßige Böen, die Tina ein wenig zur Seite legen, aber hey - das hier wäre für einen halbwegs guten Schlaf schon mal akzeptabel! Ich mache mir ein Gute-Nacht-Stiegl auf und warte ab!

23:07 Uhr: Der Wind hat wieder zugelegt und drück noch heftiger als zuvor gegen Tinas Arsch! Irgendwie wie Tagada-Fahren! Ich probiere es trotzdem mit schlafen......

5.3. - 8.3.2019 - Wäsche, Papierkram und Warten auf die Rückkehr zu Tina

5.3.2019

Ich wasche 2 Maschinen Wäsche und erledige Einkäufe. Rufe Ernst, den Pinnen-Tischler an um ihm mitzuteilen, dass er die neue Pinne 10 cm kürzer machen soll, dann steht die auch nicht an der Großschot an! Danach schreibe ich die ganzen Erfahrungsnachweise zusammen, die ich für die kommende FB2 Prüfung brauche. Was für ein Papierkram! Ich hoffe die Meilen (Insgesamt 1496 SM bisher - da schau!) werden mir anerkannt, denn Logbücher hab ich so gut wie keine ordentlichen! Ich Depp! Schlampertatsch auf gut österreichisch! Daran muss ich arbeiten! Was ich mit diesem Logbuch ja schon tue! Ich hoffe, ich bekomme bald die Papiere bzgl. der Funk Anmeldung, denn mein neues Funkgerät schreit bei jedem Start, weil es noch auf die Programmierung der MMSI (Ne Art "Telefonnummer") wartet! Ist meine Mail mit den Dokumenten irgendwo im Nirvana verschwunden? Ich rufe dort an, erreiche aber niemanden! Auch beim Nautic-Shop Typen in Murter möchte ich nachfragen, ob der nette Verkäufer schon was bzgl. Motor weiß! Auch hier erreiche ich niemanden! Sind vermutlich alle unterwegs um den Faschingsausklang feiern. Und das werde ich nun auch! Prost!

6.3.2019

Ich rufe beim Fernmeldebüro an um nach dem Status meines Antrags auf eine Seefunkstelle aussieht. Werde zig mal hin und her verbunden, bis ich endlich mit der sehr netten Dame telefoniere, welche mir bestätigt, dass mein Antrag in Bearbeitung ist! Passt! Spätestens dann, wenn ich mit Tina zur Ausbildung nach Biograd fahre, werde ich mein "Call Sign" und meine MMSI haben! Ich erreiche auch Luca vom Nautic-Shop. Er hat bereits mit dem Verkäufer des Dinghy-Motors gesprochen und wird den Motor morgen für mich besorgen. 300 Euro für einen angeblich gut gewarteten 4 PS Yamaha Motor! Super! LED-Lampen für Tina sollten noch d.W. geliefert werden! Ich hoffe der Relingsstützen-Fuß kommt auch noch vor dem WE, denn am Montag möchte ich zurück zu Tina! Der Wetterbericht verspricht nichts Gutes! Schon in der Nacht auf Freitag starker Süd-Ost mit 6-7 Bf. Hoffentlich liegt Tina gut. Hoffentlich hält das Dinghy, aufgestellt auf der Badeplattform dem Winddruck stand! Wir hätten es an Deck verzurren sollen, dann wäre ich jetzt ruhiger! Für nächste Woche ist auch eine Wetterverschlechterung inkl. Sturmböen am Mittwoch angesagt. Hoffe das versaut mir und meinen Eltern nicht die Woche. Diese werden mit meinem Bruder im Gepäck nächste Woche auch nach Jezera fahren um mir mit Tina zu helfen und meinen Geburtstag am 14.3. zu feiern! Schön, dass sie freiwillig zu mir und Tina kommen wollen! 

7.3.2019

Mail erhalten, dass die LED-Lampen für Tina noch heute geliefert werden! Relingsstützen-Fuß wurde auch versandt. Sollte sich also bis Montag ausgehen. Für Montag ist schwere Bora angesagt. Ich überlege, nicht erst am Dienstag wieder runter zu fahren. Doch was ist mit Tina? Liegt sie gut? Eigentlich würde ich gern bei ihr sein, um sie zu "beschützen".
Am NM gehts nach Tull zur "Austrian Boat Show". Möchte ein wenig nach Zubehör und Ausrüstung sehen! Besuche die Jungs vom B3Onwater, meine Ausbildner zum FB2-Skipper sowie Christian Kargl von 2Sail.eu, bei dem ich das "ISAF World Sailing Personal Offshore Survival Training" absolviert habe und ich mir hier bei der Messe Spinlock Deckvest 5D 170N kaufe. Bei der Ausbildung Ende Mai/Anfang Juni werden wir wohl 14 Tage lang mit Weste segeln, da schadet es meinem Nacken sicher nicht, eine leichte Rettungsweste zu haben!

8.-10.3-2019

Ich warte auf den Relingsstützen-Fuß und mache den für das FB2-Patent erforderlichen 16stündigen Erste-Hilfe Kurs! Sehr lehrreich und auch recht lustig! Kann so einen Kurs nur jedem empfehlen! Gemeinsam mit meinen Eltern beschließe ich, dass es für sie wohl die falsche Woche ist, mich und Tina besuchen zu kommen! Montag/Dienstag ist starke Bora angesagt und ich möchte vermeiden, dass sie Tina und ihren Heimathafen im Sturm kennenlernen! Der Mai wird kommen. Und falls ich dann noch in Kroatien bin, werden sie mich besuchen kommen. Der Gedanke an die kommende stürmische Bora lässt mich nicht los. Habe ich Tina ordentlich fest gemacht? Was ist mit dem Dinghy, welches Wolfgang und ich auf der Badeplattform "probemontiert" haben? Bei dem angesagten Starkwind aus NO (no na - Bora!) würde das senkrecht montierte Dinghy wie ein Segel wirken und den am Heck belegten Muringleinen alles abverlangen!!!! Ich entschließe mich Montag Früh zu Tina zu fahren. Vielleicht komme ich ja noch rechtzeitig, bevor es losgeht!

4.3.2019 - Heimwärts

Nach 2 Espresso fahren wir nicht wie geplant nach Hause, sondern nach Murter in den Nautic Shop! Wir wollen einen neuen Relingsstützen-Fuß besorgen und den Verkäufer/Betreiber des Ladens um Rat wegen der Pinne und dem Dinghy-Motor fragen. Relingsstützen-Fuß kann er keinen auftreiben, jedoch hätte ein Freund von ihm einen 5PS Yamaha Außenborder, den er um schlappe 300 Euro hergeben würde. Der Verkäufer erhält den Auftrag den Kontakt zum Motor-Verkäufer herzustellen und empfiehlt uns einen Mann "in the little harbour down there", mit einem Namen, den ich mir in Lautschrift aufschreibe und mit welchem wir uns letztendlich zu diesem, offensichtlichen Pinnen-Spezialisten durchschlagen. Anscheinend kennt wirklich JEDER diesen Mann. Nur lebt und wirkt dieser am anderen Ende der Stadt, was uns einen gesunden Morgenspaziergang bei frühlingshaften Temperaturen beschert. Als wir seine "Werkstatt" erreichen, wird mir bereits klar, dass wir hier erfolglos wieder abziehen werden. Die erwartete Holzwerkstatt entpuppt sich als irre geschäftige, ja chaotisch wirkende, mittelgroße Werft, in der vom Aluminium Speedboot bis zum nostalgischen Touristen-Tagesausflugsschiff, so gut wie alles instand gesetzt und gewartet wird. Als wir uns in einer wahren Odyssee durch die ganze Werft zu Marco Bortschisch (oder so irgendwie) durchgeschlagen haben, steht ein gestresster alter Mann vor uns, der uns schroff und gehetzt irgendwas von "nema vrieme" ("Keine Zeit" in der Landessprache) entgegenschmettert und über das mit reparaturbedürftigen Booten vollgestellte Areal deutet, bevor er wütend davon zieht und uns in seinem Büro einfach so stehen lässt. Etwas geknickt ziehen wir wieder ab. Verständlich, dass dieser Chef von geschätzt 50 Mann und Reparaturleiter von ebensovielen Booten keine Zeit für unser Anliegen hat. Wahrscheinlich hat er früher, als er es noch ruhiger hatte, Holzteile für Boote hergestellt und gewartet. Anders kann ich es mir nicht erklären, warum wir hier hergeschickt wurden.
So fahren wir zurück zu Tina, dichten eine Schraube der Relingsschiene und das Loch, wo die hoffenltich bald auftreibbare neue Relingsstütze hin soll, mit Sika-Flex ab. Danach machen wir Tina dicht und fahren nach Hause. Kurz vor Zagreb machen wir halt um zu Tanken und einen letzten Cappucino in Kroatien zu genießen, dann fahren wir bis Fromberg durch, wo wir einen Bekannten von Wolfgang aufsuchen, der mir eine neue Pinne aus Eichenholz anfertigen soll. Mit der alten, maroden Pinne möchte ich keinen starken Ruderdruck erleben müssen! Safety first! Außerdem wird sich das neue Teil sicher auch optisch gut machen!

3.3.2019 - Endlich raus auf See!

Noch vor dem Frühstück fahre ich nach Murter um 20 l Diesel für Tina. Danach schlagen wir die Segel an und laufen um 10:15 Uhr in Richtung Kosirina Bucht aus, wo wir das Ankern mit Tina ausprobieren wollen. Ablegen funktioniert prima! Wolfi macht die Vorleinen los und ich ziehe uns an der Backbord Muring ein wenig in die Boxengasse. Tina nimmt Rückwärtsfahrt auf. Pinne hart Steuerbord und schon beginnt sie leicht zu drehen! Als sie fast 90° gedreht hatte reiße ich das Ruder rum. Hart Backbord! Motor Vollgas vorwärts! Binnen 2 Sekunden beginnt Tina nun fast auf dem Stand zu drehen! Herrlich! So lässt es sich super auf engem Raum manövrieren! Hätte nie gedacht, dass das mit einem gemäßigten Langkieler, wie Tina möglich ist!

Als wir den Hafen verlassen haben dann der Rückschlag! Beim Versuch einen auf Slip gelegten Webleinstek zu lösen, bricht mittschiffs an steuerbord der Fuß einer Relingsstütze! Fuck! Woher einen Ersatz für dieses 35 Jahre alte Relingsschienensystem finden?!?!?! Etwas entmutigt setzen wir die Genua und versuchen mit raumem Wind gen NW zu segeln. Leider machen wir keine 2 Knoten Fahrt. Zu wenig um unser Ziel zeitgerecht zu erreichen, also bergen wir die Genua unter großen Problemen wieder (Reffleine ist alt und hart - wickelt sich nicht gut auf und verkneift sich dann beim Versuch das Segel wieder ein zu rollen - Neue Reffleine?!?!). Unter Motor (2000 Touren - 4 Knoten - Passt!) fahren wir weiter.

Angekommen in der Bucht versuche ich erstmalig einhand zu Ankern, was super funktioniert! Der massive CQR-Anker in Verbindung mit 20m gesteckter 8mm Kette hält uns selbst beim nun aufkommenden Wind (3-4 Bf) sehr gut, sodass sogar Wolfgang, als einer der nicht gerne den Stress einer Ankernacht auf sich nimmt, sogar hier am Haken übernachtet hätte! Wir trinken ein Stützbier und essen eine Kleinigkeit. Dann wollen wir wieder zurück in die Heimatmarina, um uns um den gebrochenen Relingsstützen-Fuß zu kümmern. Wir beschließen entspannt noch vor Anker die Segel zu setzen, was sich als Fehlentscheidung herausstellen sollte. Tina wollte, voll besegelt, schon beim Anker aufholen losstürmen. Aber natürlich nicht in Richtung des Ankers! Somit ergab sich ein sehr unguter Winkel zum Anker, der das Aufholen zur Tortur machte. Dann, als der schwere Eisenkoloss schon vor dem Bug hing, rauschte er plötzlich wieder in die Tiefe. Die Kette war aus der Führung gesprungen und somit wieder komplett lose, was es dem massiven, schottischen Anker leicht machte, diese wieder mit sich auf 5 Meter Tiefe zu ziehen. Wolfgang, der mein Einhand-Anker-Auf-Manöver am Vorschiff überwachte, reagierte geistesgegenwärtig und zog Anker und Kette per Hand an Deck! Hut ab! Danke Wolfgang! Wenn ich Einhand unterwegs bin, werde ich hier Vorsicht walten lassen müssen! Auf keinen Fall schon VOR dem Anker-Auf die Segel setzen! Wieder was gelernt!

Als wir schon gen Heimathafen segeln, staut Wolfgang die Kette wieder im Kettenkasten und belegt diese wieder korrekt in der Winsch. Mit einem unguten Windwinkel - die Lust aufs Aufkreuzen ist uns nach der Aktion beim Anker-Auf vergangen - versuchen wir noch eine Zeit hoch am Wind zu segeln, dann berge ich die Segel einhand während Wolfgang brav an der maroden Pinne gen SO steuert! Groß und Genua alleine zu bergen läuft zumindest bei einem 1-2 Beaufort Lüftchen schon einigermaßen gut. Bei 5 Windstärken möchte ich das zumindest ein paar Mal vorher gemacht haben! Anlegen in der Heimatbox verläuft reibungslos, um nicht zu sagen perfekt! Ich stoppe Tina genau richtig ab, sodass Wolfgang übersteigen kann, um mit den am Steg verbliebenen Winter-Festmachern im Gepäck, wieder zurüc
k an Bord zu kommen und diese dort zu belegen, während ich mit dem Muringhaken bewaffnet ans Vorschiff gehe um die Steuerbord Muring zu fischen, zurück zum Heck zu führen und dort zu belegen. Wir liegen sicher! Welch Freude! Nun belege ich noch die Backbord Muring, gehe noch eine Runde, kontrolliere die Spannung der Festmacher und unseren Abstand zum Steg und schalte schließlich den Motor aus! Gut gelaufen! Gangway überbringen! Landstrom verlegen! Ankerbier! Wie ich das jedoch Einhand ähnlich reibungslos hinbekommen soll, ist mir jedoch noch ein Rätsel. Zur Not muss ich halt die Marina anfunken, damit mir ein Mariniero die Vorleinen belegt?!

Nach dem Ankerbier kümmern wir uns um die Relingsstütze. Natürlich ist diese im gebrochenen Fuß fest einkorridiert, sodass wir es nur mit geborgtem Werkzeug (Danke lieber bayerischer Stegnachbar! Ich schulde Dir ein Bier!) schaffen den gebrochenen Fuß zu demontieren. Ungeschickt wie ich halt mal bin, fällt mir die Torbandschraube, die den Fuß am Deck hält, aus der Hand und auch gleich über Bord ins kristallklare Wasser des ca. 2 Meter tiefen Hafenbeckens. Fuck! Wir probieren diese mittels eines starken Magneten an einer Leine noch zu fischen, geben dann jedoch auf. Die Löcher werden über Nacht mit Kraftband dicht gemacht! Sonst würde es mir in der Nacht auf den Kopf tropfen, sollte es regnen, oder wie in den vorangegangenen Tagen viel Tau geben!

Am Abend wollen wir eigentlich wieder nach Tisno zum Essen fahren, doch dann hören wir laute, ausgelassene Musik über die enge Hafenbucht schallen. Wir beschließen das mal auszuchecken. Klingt nach Volksfest! Dort gibt es sicher auch etwas authentisch dalmatinisches zu essen! Es stellt sich heraus, dass Nachmittags ein Faschingsumzug im Gange war und die Narren nun in einem Zelt direkt am Hafen am Feiern sind! Wir stürzen uns ins Getümmel, trinken je 2 Bier à 15 Kuna(!) und kriegen auch noch jede Menge Cevapcici mit Brot und Ajvar gegen eine freiwillige Spende ab! Super! Wie immer sehr nett die Menschen hier in Dalmatien! So habe ich mir meine "Reise" vorgestellt. Nah an der Natur, aber auch nah an den Menschen die dort leben. Zurück auf Tina lassen wir den Tag bei Stiegl-Bier aus der Heimat ausklingen.