06.06.2019 - Marina Jezera => Luka / Dugi Otok ... "Die Rekordfahrt"

Um 08:55 werfe ich die Leinen los und breche zu meinem Kurztörn auf. Mein erstes Ziel soll die Ortschaft Luka auf der Insel Dugi Otok sein. Ich motore gegenan aus der Bucht von Jezera. Ich will nicht schon zu Beginn meiner Reise mühevoll aufkreuzen müssen. Als ich Rt. Rat querab habe, setzte ich die Segel. Das Groß sicherheitshalber im 2. Reff. Es sind wieder Böen bis 25 kts angesagt. Die Genua rolle ich voll aus. Zu diesem Zeitpunkt ist dieses Setup gut fahrbar!

Ein paar Seemeilen später haben Wind und Welle nochmal zugelegt, sodass ich nun auch die Genua zu 1/3 weggerolle. Ziemlich genau mittig im "Murtersko More", zwischen den südlichen Kornaten und der Insel Murter, beobachte ich eine 37er, wie sie auf Halbwind-Kurs gegen die See ankämpft. Frage mich, wie das wohl aussieht, wenn Tinas flacher Rumpf zwischen den Wellenbergen verschwindet. Man könnte wohl meinen, dass da ein Rigg alleine rumsegelt!


Der Südost-Wind wird begleitet von der entsprechenden See. Die Wellen sind zum Teil 1,5 Meter hoch und rollen unter uns durch, wobei sie Tinas Heck jedes Mal einen Deut versetzen. So geht es jedem Segelboot. Manche stecken das sogar viel schlechter weg als Tina, mit ihrem klassisch geformten Rumpf. Meine Segel dürften auch gut getrimmt sein, denn Tina findet fast von alleine ihren Weg durch die Wellen. Ray muss nur ganz wenig eingreifen.


So surfen wir vorbei an Zut und Sit und zwischen Lavandara und der Südspitze von Dugi Otok in Richtung Tagesziel. Es geht gut! Sehr gut sogar! Die ersten 35 Meilen segeln wir mit einem Schnitt von 5,03 Kts! Toll für die kleine Tina! Rekord!

3 Meilen vor dem Ziel. Ich will voll motiviert, die enge und seichte Durchfahrt zw. Rt. Grubac und dem Inselchen Luski nehmen. Da sind wir auch schon mal mit ner 46er durch! Doch heute ist bedeutend mehr Wind als damals! Ganz wohl ist mir dabei nicht. Ich habe ja schon so meine Erfahrungen mit den plötzlich auffrischenden und drehenden Winden in solchen Durchfahrten. So reffe ich schon weit vorher die Genua um ein weiteres Drittel. Mit nur einem Drittel der Genua und dem Groß im 2. Reff machen wir immer noch 5 kts in der 3-4er See! Eine Rauschefahrt!

Als ich die enge Durchfahrt querab habe, luve ich an und halte auf Halbwindkurs auf das "Nadelöhr" zu. Tina erreicht jetzt ihre Rumpfgeschwindigkeit (=theoretische Höchstgeschwindigkeit), was leicht daran zu erkennen ist, dass das Schiff dann leicht zu vibrieren oder beben beginnt. Mein Kurs ist gut! Ich halte perfekt auf die ca. 20 Meter breite fahrbare "Rinne", die mit 3 Meter Tiefe angegeben ist, zu. Doch je näher ich der Engstelle komme, desto mehr dreht der Wind und so finde ich mich bald in einer Situation wieder, in welcher ich IN, oder noch VOR der Durchfahrt eine Wende fahren müsste. Ich kann den Kurs nicht mehr halten. Tina hält wild krängend (sich auf die Seite legend) auf die Südspitze des Inselchens zu. Binnen Sekunden muss ich eine Entscheidung treffen. "Nein, das geht sich nie und nimmer aus!", fährt es mir durch den Kopf! So reisse ich die Pinne rum und falle auf einen Vorwind-Kurs ab, der mich von der Engstelle wegbringen soll. Oh, da ist ja auch noch die "Einzelgefahrenstelle" (ein Steinhaufen vor dem kleinen Inselchen, welcher mit einem entsprechenden Gefahrenzeichen gekennzeichnet ist) nördlich von mir! Shit! Jetzt wird's nochmal eng! Vor dem Wind, die Pinne zwischen den Beinen, rolle ich den letzten Fetzen der Genua weg. Als ich das Groß dicht holen will, dann der nächste Schock! Irgendjemand (ich!) hat vergessen einen 8-Knoten ins Ende der Großschot zu knüpfen. So konnte sich die Leine aus der Talje (ne Art Flaschenzug) ausfädeln. Toll, so habe ich noch zusätzlich eine Fleißaufgabe in dieser, ohnehin schon recht prekären Situation! Man bedenke: Ich befinde mich immer noch zwischen der Durchfahrt, dem Inselchen und der Einzelgefahrenstelle. So fahre ich das Groß mehr oder weniger "aus der Hand" bis ich arschknapp an den verdächtig braunen Flecken westlich des Einzelgefahrenzeichens vorbeigeschrammt bin. Dann fädle ich die Großschot wieder korrekt in ihre Talje und berge auch das Großsegel. Habe für heute genug von grober See, böigem Wind und engen Durchfahrten.


Die enge Durchfahrt umfahre ich diesmal. Tina würde sich mit ihrem 18 PS Motor vermutlich ohnehin feststampfen, was erneut zu einer brenzligen Situation führen würde. Als ich in die Bucht von Luka einlaufe, bläst es mir mit 25 kts direkt auf die Nase. Mit 2 Kts - mehr geht nicht - kämpfen wir uns Richtung Hafen! Ich will rein! Sicher liegen! Hoffentlich ist es dort ruhiger. Nordwestlich des Hafens ankern 2 Yachten. Ich entschließe mich das Ankerfeld zu inspizieren, bevor ich mir den Hafen ansehe. So tuckere ich zwischen den beiden Yachten durch, wobei mir der freundliche Schwede im Vorbeifahren schon Auskunft darüber gibt, dass der Grund hier gut sei (Schlick), wo sein Anker liegt und wieviel Kette er gesteckt hat. Sehr nett! Gegenüber des Ankerfelds wäre noch das "Buffet Allen", welches eine Mole mit Murings für 4 Yachten bietet. Notfalls könnte ich dort auch längsseits gehen, was in dieser Windsituation wohl das Beste wäre.

Aber zuerst der Ort. Je näher ich diesem komme, desto ungemütlicher wird es. Nicht nur, dass hier noch immer 25 kts stehen, es ist auch sehr laut und der Ganze Hafen wirkt wie eine Baustelle. Zudem pumpen die gerade durch riesige Rohre eine enorme Menge von irgendeiner Flüssigkeit ins Hafenbecken! Nein, das brauch ich nicht.

So rufe ich bei der Konoba an, erreiche jedoch nur eine Dame, die kein Englisch und nur sehr gebrochen Deutsch spricht! Ich kann ihr aber irgendwie vermitteln, dass ich mich auf dem kleinen Boot befinde, welches vor dem Restaurantsteg von Wind und Wellen durchgebeutelt wird. "Mann nicht da. Kommen in 10 Minuta". Neben der Konoba holzt jemand mit einer Motorsense das Gestrüpp nieder. "Das muss der Wirt sein! Der sieht mich sicher eh schon!" Ich klinke mich mit meiner Lifeline in den Jackstays ein, schlage Bug und Heckleine an und fendere das Boot steuerbordseitig, mit allem ab, was ich habe. 4 kleinere, 1 größerer und ein Kugelfender hängen an meiner Bordwand, bereit das Schiff gegen, in diesem Fall, die Betonmauer zu schützen. Das Schiff und ich, wir wären bereit längsseits, gegen die 25 Kts Wind am Steg anzulegen! Ich warte! Niemand kommt! Als ich mich 20 Minuten lang vor dem Steg abgequält habe reichts mir: "Dann fahr ich eben zurück und ankere! Sollen die ihr Essen behalten!"

So werfe ich meinen schweren CQR-Anker auf einer Tiefe von 8 Metern zwischen dem freundlichen Schweden und der kroatischen Herrenpartie und stecke 40 der 50, mir zur Verfügung stehenden, Metern, meiner 8 mm starken Ankerkette! Das sollte auf jeden Fall halten!



Uff, ganz schön stressig zum Ende des 1. Turntags! Dafür werde ich mit einem genialen Sonnenuntergang, sowie den wunderbaren Gesängen der kroatischen Herrencrew belohnt! Anfangs geben sie kroatische Lieder wieder. Mehrstimmige Gesänge, begleitet von einer Gitarre. Wunderbar, wie diese Melodien über die Bucht, hinein in den Sonnenuntergang getragen werden. Als sie auch internationale Songs anstimmen, bin ich hin und weg. Zu "No Woman - No Cry" singe ich lauthals mit und ernte dafür ein "Come over here!". Würde ich ja gerne, aber ich bin einfach zu geschafft um noch das Dinghy zu launchen und rüber zu rudern. So genieße ich noch eine Zeit lang den Gig der Kroaten und schmeiße mich dann in die Koje. Mittlerweile ist es fast windstill. Mein 25kg schwerer Anker ist gut im Schlick eingegraben und ich habe auch genügend Kette gesteckt! Ich fühle mich sicher und so falle ich schnell in einen tiefen Schlaf!



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